Leben wie Gott in Frankreich

Die französische Revolution veränderte viel. Im Zuge der Revolution entmachteten die Bürger nicht nur den König, sondern auch die katholische Kirche.

Gott hatte in Frankreich also keine Aufgabe mehr und konnte es sich bequem machen.

So etwa fühlte ich mich die paar Tage in Louhans in der Region Bourgogne-Franche-Comté, wo ich ein paar Tage bei Freunden verbringen durfte.

Für uns Schweizer ist das Burgund in einer vernünftigen Zeit erreichbar – man bringt dabei nicht nur einige Kilometer hinter sich, sondern ändert den Lebensstil und lässt das eher steife Eidgenössische hinter sich.

Das heisst, Leichtigkeit und Lebensfreude kamen auf, und selbstverständlich haben wir sehr gut gegessen und ebenso getrunken. Ich ruhte mich im gemütlichen Haus mit dem grossen Umschwung aus.

Schnell fühlte ich mich zuhause. Die Strassentafel aus meinem Dorf und der Knick im Dach, den auch die Säuliämter Bauernhäuser aufweisen, trugen ebenso wie die Gastfreundschaft der Besitzer dieses Bijous bei.

Und auch ein wenig erinnert mich dieser Ort mit Birken auch an die Heimat von Findus, ganz besonders, wenn der weissbärtige Besitzer in Gärtnerkleidung, mit grossem Hut und Gummistiefeln der vielen Arbeit nachgeht: LouHANS PETERsson. 🙂

Auch die verschiedenen Nebengebäude mit landwirtschaftlichen Geräten erinnern mich an Schweden.

Wie in Sven Nordqvists Welt finden sich hier überall liebevoll angeordnete witzige Figuren und Fundstücke von der Broccante. Die Hühner hat Hans Peter aus minikleinen Bonsai-Kürbissen geschaffen. Man trifft sie auch als Seilschaft an einem kleinen Felsen vor dem Haus.

Schlechtes Wetter kann auch Charme haben.

Zum Anwesen gehört ein Gemüsegarten, am Ostermontag erntete Silvia Lauch.

Ich verwandelte ihn mit leckeren Zutaten in eine Fischquiche.

Gleich drei Mal war ich in der Villa Verde, einem Gartencenter im Ort, und deckte mich mit Pflanzen für meinen Garten zuhause ein.

Mit diesem Stechding werde ich dem Unkraut zuleibe rücken. Drei Schwalbengirlanden kaufte ich, zwei werde ich verschenken. Was wohl die Schnecken in meinem Garten zum neuen Schneckenhag meinen?

Das kleine Paradies liegt in der 6000-Seelen Gemeinde Louhans. Die Stadt ist das Zentrum der Bresse Louhannaise. Betreffend Einwohnerzahl ist es gleich gross wie Obfelden. Sonst hat der Ort einen ganz anderen Charakter – die Häuser im Umkreis haben grossflächige Gärten. In der Altstadt reihen sich 157 Arkaden der „Grand Rue“ aneinander.

Die alten Häuser aus dem 15. Jahrhundert und das Spital von 1682, das Hôtel-Dieu, mit der alten Apotheke, sowie durch seine Pfarrkirche mit den bunten Ziegeln haben einen bezaubernden Charme.

Die Häuser scheinen ihre Münder weit aufzureissen und ich lasse mich gern von den Läden dahinter kurz verschlucken.

Oder zu einem Kaffee verführen.

Man findet auch Jugend-Stil Elemente.

Am Montag ist jeweils Markt. Der Markt von Lohans ist der drittgrösste in Frankreich.

In der Grande Rue reiht sich Stand an Stand.

Eine Welt voller Farben.

Und Düfte.

Parallel zur Grand Rue geht der Markt weiter mit Pflanzen, Baumaterial, Elektronik – und Tieren.

Trotz Regen spürt man hier den Frühling.

Die Leute haben gedeckte Körbe und Kartonschachteln mit. Darin tragen sie ihre lebenden Einkäufe heim.

Die weissen Bressehühner sind berühmt.

Auch Tauben werden gekauft und Kaninchen und Zicklein. Ich rede mir ein, dass diese alle Zuchttiere sind – und nicht in der Pfanne landen.

Ich setze mich schnell ab zum Stand mit den Heimtextilien.

Silvia frönt ihrer Markttradition: Ein Kaffee und eine Gaufre mit Maronipüree.

Der Markt scheint endlos. Auch um die Backsteinkirche St. Pierre aus dem 18. Jahrhundert erstreckt er sich.

Das Burgund ist katholisch. Maria hat ihren festen Platz. Mir gefällt, dass dieser Jesus ein neugieriger kleiner Junge ist und kein süsses Baby.

Besonders schön finde ich es, wenn Josef das Kind schützend in seinen Armen hält.

Betroffen bin ich immer wieder, wenn ich Namen von gefallenen Männern lese – warum hört dies nicht endlich auf? Was war ihre Geschichte?

Gern wüsste ich, welche Geschichten dieses Haus birgt.

Dinge, die eine Geschichte haben, haben es mir angetan. Damit komme ich zum nächsten Highlight meiner Burgundertage: Dem Besuch beim Altwarenhändler in Montpont-en-Bresse.

Bereits im Aussenbereich verbrachten wir viel Zeit.

Alte Fenster gefallen mir.

Unglaublich, was man alles findet.

Es gibt Dinge, auf die ich gut verzichten kann.

Nicht immer fällt es leicht.

 

Ich lasse Dich selbst herumstöbern. Dazu ertönte Edith Piaf. Ich fühlte mich wie aus der Zeit gefallen.

Und nun noch eine schöne Geschichte: Birgitta und Claudio erfüllten sich einen Traum.

Er arbeitete als Gymnasiallehrer und sie in der Gastronomie und im Gesundheitsbereich. Und ihr Wunsch lautete: gemeinsam ein chambres d’hôtes betreiben.

Zuerst suchten sie in Italien. Dann wurde ihnen bewusst, dass sie sich für Schweizer Gäste eher einen kurzen Anfahrtsweg wünschten.

Für ein Wochenende fährt man nicht nach Apulien oder Rom, aber ins Burgund. Also machten sie sich auf die Suche und an den Verkauf ihres Hauses bei Thun.

Worin unterscheidet sich ein chambres d’hôtes von einem Hotel? Die Gästezimmer müssen sich im Wohnhaus des Bewohners befinden, unabhängig davon, ob es sich um das gleiche Gebäude oder ein Nebengebäude handelt.

Die Vermietung eines Gästezimmers umfasst die Bereitstellung einer Übernachtung mit Frühstück, wobei mindestens die Bereitstellung von Bettwäsche und Handtüchern dazugehört.

Ihre Philosophie: “In einer Zeit, in der alles vergänglich ist, möchten wir unseren Gästen eine Oase der Ruhe und Erholung bieten. Wir bemühen uns, das Wohlbefinden unserer Gäste mit der Erhaltung der Umwelt in Einklang zu bringen. Ein Aufenthalt im Maison Chaussin ermöglicht es den Gästen, sich in Ruhe und Frieden in einer freundlichen und warmen Atmosphäre zu entspannen.”

Als Claudio ihr späteres chambres d’hôtes zum ersten Mal sah, war er überzeugt: “Das ist es!” Liebe auf den ersten Blick.
Aber es stand nicht zum Verkauf. So schlimm sah es aber damals nicht aus.

Es verging ein ganzes Jahr, bis ein Makler ihnen eben dieses Haus zum Kauf anbot.

Das Maison Chaussin liegt eingebettet in eine Parkanlage mit Teich und eine Anlage für Boule– oder Pétanquespiele.

Aus dem Garten kommen Kräuter in die Küche und frisch auf den Tisch.

Liebevoll renovierten sie das Haus, das in einem eher desolaten Zustand war. Es entstanden vier grosse Gäste-Doppelzimmer, wobei in zwei Zimmern ein drittes Bett gestellt werden kann, ein Aufenthalts- und Speiseraum, eine Orangerie mit Tischfussball und Hometrainer, ein Aussenpool und eine grosse Wohnküche.

“Im Winter nehmen wir keine Gäste auf”, stellte Claudio als Bedingung. Nach einem arbeitsreichen Leben will er im Pensionsalter auch Ruhe finden, um seinen Hobbys zu frönen. Denn das Führen eines Gästehauses mitsamt Gastronomie bedeutet viel Arbeit.

Die Gästezimmer kosten 100 bis 130 Euro pro Nacht, Frühstücksbuffet 10 Euro und ein Vier-Gang-Menu 30 Euro – absolut moderate Preise für das Burgund. Birgitta kocht für die maximal 10 Gäste ein Nachtessen bestehend aus Vorspeise, Hauptgang, Käse, Dessert inklusive Kaffee oder Tee und Wasser.
Für Hunde bezahlt man 12 Euro pro Nacht.

Ein Aufenthalt im Maison Chaussin bietet mehr als herkömmliche Gästehäuser. Claudio und Birgitta sind ausgebildete Therapeuten.
Das Wellness-Angebot mit Dampfdusche, Infrarotsauna, Massagen oder einer kinesiologischen Sitzung können zu günstigen Konditionen in Anspruch genommen werden.
Die Dampfdusche und die Infrarotsauna können stundenweise gebucht werden. Entspannungsmassagen können 30 oder 40 Minuten dauern, Kinesiologie-Sitzungen 60 bis 90 Minuten.

Zudem hat das Paar eine Menge Tipps für Ausflüge, beispielsweise an den Markt in Louhans, zu Weingütern, zu Städten wie Chalon-sur-Saône, Bourg-en-Bresse, Mâcon oder Taizé. Man kann Schlösser besuchen oder ausgeschilderten Routen folgen, beispielsweise der Route der romanischen Kirchen, der Route de la Bresse oder den Weinstrassen des Burgunds. Man kann Kanu- oder Bootsfahrten auf den nahen Flüssen buchen.

Das Burgund kann man immer wieder neu entdecken! Au revoir!

Zwischen zwei Samstagen
geschehen viele Wunder.

Aus Frankreich

Information
Bourgogne-Franche-Comté Tourisme
Burgund
Louhans
Maison Chaussin 
Wochenende in Louhans und der burgundischen Bresse
Route 71: App zum Herunterladen, hilfreich für die Planung von Ferien und Ausflügen vor Ort.
Broccante Bric Broc, Michel Clermidi, +33 (0) 6 17 15 65 37, 110 route de Louhans, 71470  Montpont-en-Bresse
Töpferkurse mit Julia Kleiner, tonform Maschwanden, in der Bresse

Musik
Edith Piaf
Castles of Burgundy – Soundtrack
Jacques Brel
Französische Chansons
Akkordeonmusik
Frankreich Klassische Musik

Beiträge im Blog aus der Region
Besuch bei den Bresse-Hühnern
Auf den Spuren des Absinth
Weisses Gold, Salinen
Beschwipste Kirschen

Dank
Ich danke Silvia und Hans Peter für ihre herzliche Gastfreundschaft.

Buchtipp
Maria Borrély, Das letzte Feuer
Roman
Ein klangvolles wie elementares Porträt eines Dorfes zu Beginn des 20. Jahrhunderts und eine Meditation über den Lauf des Lebens, den ewigen Widerstreit zwischen dem Aufbruchswillen der Jungen und der Weisheit der Alten.
Das Bergdorf Orpierre-d’Asse liegt in der malerischen Landschaft der Haute-Provence, doch ist das Leben dort hart und entbehrungsreich. Die Felder sind trocken und bringen eher Steine hervor als Kartoffeln oder Gerste. Seine Bewohner sind mürrisch und zerstritten, jeder kämpft für sich allein mit der Bedrängnis und den Schulden. Als die Asse, der reißende Fluss im Tal, eingedeicht wird, locken seine fruchtbaren Auen eine Familie nach der anderen hinunter an seine Ufer. Eine neue Zeit der Eintracht und des Wohlstands beginnt, man hilft einander, bestellt die gute Erde und hofft auf Weizen und Most, Milch und Früchte.
Nur die halsstarrige alte Pélagie Arnaud mit ihrer kleinen Enkelin Berthe, der Ziege und den Hühnern bleibt im verlassenen Dorf und schilt ihre Nachbarn für deren Leichtsinn. Kein Deich, sagt sie, kann die Asse zähmen, und ihre feuchten Nebel machen krank. Unterdessen gedeiht im Tal die neue Siedlung, einem blühenden Obstgarten gleich, bis eines Tages die Asse wieder anschwillt …

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Oster-Hackbraten

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Terrinca – ein Bergdorf in Italien

  1. Carmen Steiner

    Du bist wie eine Wundertüte. Ich habe es gleich weiter geleitet. Lieb Gruss, Carmen

  2. Wetli- Winiger Felicitas

    Liebe Regula, ich hatte ein déjà-vu, bin seit Jahren am Töpfern bei Julia Kleiner in Montpont. Kenne die Gegend von Louhans gut und ich liebe sie. So schön ich kann in Erinnerungen schwelgen. Liebe Grüsse Felicitas

  3. Irene

    Da hast Du es wieder einmal ins Schwarze getroffen mit deinem Reise-Bericht. So herrlich und schön. Ich war in Gedanken auch auf dieser Tour besonders das Schlendern durch die versch. Märkte hat es mir angetan. Und zum Wetter, es gibt kein schlechtes Wetter nur schlechte Kleidung, das merkt man erst so richrig, wenn man selbst einen Hund hat, der jeden Tag “raus will”. Schönen Frühling und liebe Grüsse vom Bodensee.

  4. Hans-Peter

    Liebe Regula danke für diesen super Blog ja ich fühle mich manchmal auch so vergesslich und zerstreut wie Peterson
    LouHANSPETERsson

  5. Daniela

    Einfach immer wieder schön, deine Berichte mit den vielen Bilder zu lesen.
    So inspirierend.
    Danke liebe Regula 🙂
    Herzlich, Daniela

  6. Kathrina Redmann

    Ah… gerade was ich brauchte, nach zwei Wochen auf Sparflamme .. .und nun erwacht das Interesse wieder, die Lebensfreude.
    Da bietet sich la France geradezu an, einladend mit deinen Ideen und tollen Bildern. Grand merci!

  7. Maja

    Danke, liebe Regula! C’est un plaisir, mich mit dir als Reiseführerin mit Sinn für besondere Details auf virtuelle Ausflüge nach Frankreich zu begeben!

    Herzliche Grüsse, Maja

  8. Hildegard

    Ich schliesse mich Irene an. Sie ist meine liebe Nachbarin und Freundin. Sie ist wie ich von deinem Blogg begeistert.

    HerzGruss Hildegard

  9. Elisabeth Glättli

    Liebe Regula,deine Beiträge sind einfach immer so „mega“schön ,bunt,liebevoll, vielseitig,und mit viel Herz und Seele und grossem Angagement für uns zum Betrachten und als Seelennahrung geschenkt!!!Herzlichen Dank und liebe Grüsse Elisabeth

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