Florenz – Orvieto – Rom – Tivoli – Ravenna, das sind einige der norditalienischen Städte, die eine Menge Geschichte und Geschichten vermitteln.
Ich habe diese Orte mit einer Twerenbold-Busreise besucht. Bequem, denn kein Suchen im oft chaotischen italienischen Verkehr, kein Anstehen für Tickets, kein Warten auf Bahnhöfen und kein Stehen im Stau. Stattdessen viel gesehen in relativ kurzer, intensiver Zeit.
Der “sonnige Süden” zeigte sich grau auf der Fahrt nach Florenz, aber am Rand der Autobahn entdeckte ich doch ein sicheres Zeichen, dass wir in Italien waren: eine lange Fabrikanlage für lange Spaghetti.
Der Stadtname Florenz ist eine andere Form von “Florens” und bedeutet “der Blühende, in hohem Ansehen stehende”. Flora bedeutet Pflanzenwelt, Fiore heisst Blume. Flora ist in der römischen Mythologie die Frühlingsgöttin. Bei den Griechen ist Persephone die Göttin des Frühlings und des Sommers. Ostara steht für eine vermutete germanische Frühlingsgöttin.
Florenz gilt als die Wiege der Renaissance.
Während es regnete, fand ich “Flora” in den Uffizien. Ich war – anfangs März – nicht die einzige.
Man soll Florenz nur in der Nebensaison besuchen, ansonsten gerät man in Lawinen von Touristen.
“Primavera” heisst dieses Bild von Sandro Botticelli, 1445 – 1510. Er hiess eigentlich Sandro di Mariano di Vanni Filipepi. Das wohlklingende “Botticelli” war sein Spitzname: Fässchen.
Der Renaissance-Künstler malte Figuren aus der klassischen Mythologie wie Zephyrus, Chloris, Flora, Merkur, Venus und die drei Grazien in einem Orangenhain, der vermutlich das Reich der Venus ist.
Es geschieht vieles auf diesem Bild und die Interpretationen sind vielfältig. Keine Erklärung braucht der blinde Amor. Er schwebt über der Szene. Seine Augen sind verbunden: Liebe macht blind.
Rechts im Bild ist Zephir, der Gott des Windes, erkennbar an seinen aufgeblasenen Wangen. Er hascht nach der Nymphe Chloris, die vor ihm flieht und aus deren Mund Rosen spriessen. Sie schlüpft beinahe in Flora hinein, was symbolisiert, dass sie mit Flora gleichgesetzt wird.
Flora ist in der römischen Mythologie die Göttin der Blüte, die mit der Jahreszeit Frühling assoziiert ist. Sie wird in einem blütenreichen Kleid dargestellt.
Beispielsweise die drei Grazien im Bild, Sinnbild für weibliche Anmut und Schönheit. Sie treten in Bildern der Renaissance häufig als Begleiterinnen der Venus auf. Die katholische Kirche sieht darin eher die Dreieinigkeit. Venus trägt roten und bauen Stoff über dem Arm.
Rotes Kleid, blauer Mantel – diese Kleidung findet man bei vielen Mariendarstellungen.
In Botticellis Bild “Die Geburt der Venus”, das die Ankunft der nackten römischen Göttin an der Küste von Paphos darstellt, reicht ihr Flora einen Umhang.
Das grossformatige Gemälde war, wie auch Botticellis Primavera, eine Auftragsarbeit für Lorenzo di Pierfrancesco de’ Medici.
Die Familie Medici erreichte in der Renaissance in Florenz eine Machtposition. Diese nutzten sie auch zur Kunstförderung.
Die Medici liessen sich selbst oft neben Heiligen abbilden, was die Geistlichen nicht begeisterte.
Und die Künstler auch sich selbst.
Mir gefällt die Geschichte dieses Bildes, gemalt von Fra Filippo Lippi. Er war der Lehrer von Botticelli.
Fra Filippo Lippi war ein Mönch. Er arbeitete 1458 an einem Werk für eine Konventskapelle in Prato und lernte dabei Lucrezia Buti kennen. Sie war entweder Novizin oder eine junge Frau in der Obhut der Nonnen. Er bat, dass sie Modell sitzen dürfe, was über das Modellsitzen hinausging. Er brannte mit ihr durch. Das Ergebnis dieser Liebe war Filippino Lippi, der ebenfalls Maler wurde. Vorbilder für Maria und Jesus auf obigem Bild: Seine Geliebte Lucrezia und sein Sohn Fillipino. Die beiden Liebenden wurden übrigens von der Kirche trotz ihrer Sünde nicht bestraft und konnten zusammenbleiben. Si non è vero è ben trovato.
Es lohnt sich, sich in den Uffizien nur wenige Bilder genauer anzuschauen. Und sich von seinen Geschichten begeistern zu lassen. Hier ein Triptychon von Hugo van der Goes. Die flämischen Maler pflegten einen anderen Stil als die Italiener.
Ich mag die Blumen in den Bildern, sie haben symbolische Bedeutung.
Florenz beherbergte viele Künstler. Leonardo da Vinci verbrachte grosse Teile seiner Jugend in Florenz, Michelangelo fand Unterschlupf in der Kirche der Medici und Galileo Galilei wohnte als Hofmathematiker in den Palästen der Medici.
Die Uffizien sind ein Kunstmuseum in Florenz. Es besitzt eine der wichtigsten kunsthistorischen Sammlungen der Welt mit dem Schwerpunkt auf der Malerei der Renaissance.
Das Museum stellt mit rund 2 Millionen Besuchern einen Hauptanziehungspunkt der Stadt dar und gilt als die meistbesuchte Kultureinrichtung Italiens.
Das Gebäude ist ein langes U.
Die Gänge sind fantastisch bemalt und auf einem Fries stehen zahllose Porträts.
Selbstverständlich findet man hier Statuen.
Aus den Fenstern des obersten Stockes der Uffizien hat man einen guten Blick auf den Ponte Vecchio. Er ist die älteste Brücke über den Arno. Das Bauwerk gilt als eine der ältesten Segmentbogenbrücken der Welt.
Am Arno findet sich auch das Galileo-Museum.
Verlässt man die Uffizien Richtung Altstadt gelangt man zur Piazza della Signoria. Zur Zeit der Republik Florenz zwischen dem 12. und 16. Jahrhundert war sie mit dem Palazzo Vecchio das politische und soziale Zentrum der Stadt.
Auch eine Kopie des weltberühmten David von Michelangelo steht vor der Signoria.
Er veränderte die vom Katholizismus geprägte Kunstwelt. Die Kirche hatte zuvor übergrosse nackte Skulpturen abgelehnt.
Auch anderswo in Florenz findet man Davide.
Namensgebend für den Platz war die Signoria, die republikanische Regierung der Stadt.
In den Wappen finden sich das Kreuz und eine Blume, die Wahrzeichen von Florenz.
Ich habe nirgendwo einen Platz mit so vielen nackten Männern gesehen. Hier Neptun.
Diese Skulptur entlockte mit ein Lächeln. Wie PR für ein Fitnesscenter in der Renaissance: Unten vorher, oben nachher.
Der Engel über den vielen Steinmännern scheint sich nicht beeindrucken zu lassen.
An der alten Markthallen mit hunderten Taschen ging es weiter Richtung Dom. Dieser ist riesig, darin finden 4000 bis 5000 Personen Platz.
Gigantisch: 153 m Länge, 38 m Breite, Breite des Kuppelfundaments 90 m. Die Höhe der Kuppel beträgt vom Boden bis zur Laterne 90 m. Aussen ist die Kuppel mit Laterne mehr als 114 m hoch.
Seine Kuppel dominiert die Stadt. Sie gilt als technische Meisterleistung der frühen Renaissance.
Der Turm mit 12 Glocken steht neben der Kathedrale.
Rund um den Turm hat es eine Folge von Darstellungen von Berufen.
Es lohnt sich, einfach nur dazustehen, die anderen Touristen zu ignorieren und sich Details genauer anzuschauen.
Betritt man den Dom, fällt der Fussboden auf.
Und die kanonische Uhr. Die Uhr ist ein technisches Wunderwerk aus dem 15. Jahrhundert. Sie läuft rückwärts und es fehlt ein Zeiger. Bei dieser Uhr endet der Tag nicht um Mitternacht, sondern bei Sonnenuntergang. Dieser Punkt wurde als 24 und zugleich null Uhr definiert. Dadurch verschiebt sich die Zeit mit dem Sonnenunter und -aufgang im Lauf des Jahres und die Uhr muss stetig nachjustiert werden: alle zwei Wochen um jeweils 15 Minuten.
Beeindruckend ist die Kuppel.
Es wurde bemängelt, dass die Bemalung die Kuppel niedriger scheinen lässt und die Details von unten nicht erkennbar sind.
Sehr empfehlen kann ich das Dommuseum, in dem Originale museumsdidaktisch klug präsentiert werden.
Michelangelos Pietà, eine der spätesten Arbeiten von Michelangelo, macht betroffen..
Insbesondere wenn man auch Details beachtet.
Beispielsweise auf Gemälden dargestellte edle Stoffe.
Es gibt weitere beeindruckende Kirchen, hier Santa Croce.
Wohin schaut denn Dante mit seiner Nachtmütze neben Santa Croce so sehnlichst?
Auf dem Platz werden an vielen Ständen süsse Spezialitäten angeboten.
Die Florentiner sind gläubig. Überall trifft man auf Marienverehrung, selbst an der hintersten Strassenkreuzung.
Überall in Florenz stösst man auf das Wappen der Familie Medici: sechs Kugeln auf goldenem Grund.
Auch Türklinken kann man visuell sammeln. Erstaunlich, was man da findet!
Sehr wohlgefühlt habe ich mich – nach so viel Kultur – unter diesem Himmel.
In der Pizzeria in einer kleinen Nebengasse hinter dem Dom sassen Strassenarbeiter und Touristen nebeneinander.
Es erklangen italienische Schlager und die freundliche, bodenstämmige Bedienung trällert mit, während der Chef hinter der Theke seine sonore Stimmer erklingen liess.
Ich genoss eine Pizza und ein Glas Prosecco . Die Kunstwerke und kolossalen Bauen imponieren mir, aber die kleinen Geschichten machen mich glücklich.
Ich bin den ganzen Tag in Florenz herumgeschlendert, mit offenem Auge und träumendem Herzen. Sie wissen, das ist meine grösste Wonne in dieser Stadt, die mit Recht den Namen la bella verdient. Wenn Italien, wie die Dichter singen, mit einer schönen Frau vergleichbar, so ist Florenz der Blumenstrauss an ihrem Herzen.
Heinrich Heine
Informationen
Twerenbold Reise: Städteperlen Italiens: Florenz, Rom und Ravenna – eine Italienreise von der Antike zur Neuzeit. Reiseprogramm 2024
Nächste Reise Herbst 2024
Italienische Tourismuszentrale
Berichte über Rom und Ravenna folgen in weiteren Blogbeiträgen.
Dank
Herzlich Dank an das Unternehmen Twerenbold und an Janine Rentrop von Panta Rhei PR AG, die mir diese Reise ermöglichten. Mein Dank geht auch an die Stadtführerin Regina Hahnel, die nicht nur kompetent Kultur vermittelt, sondern mit viel Charme und Einfühlungsvermögen auch ihre ganz besondere Liebe zu Florenz.
Musik
Florentiner Marsch
Renaissance Musik
Respighi – Botticelli Triptych (Trittico Botticelliano) | Drei Botticelli-Bilder für Orchester.
Regula S.
Wirklich la bella Italia…
Liebe Grüsse
Regula (aus Hedingen)
Dori
Höchst interessant, habe ich doch mit meiner Tochter letzten Oktober vier Tage in Florenz verbracht.
Herzlichen Dank für den Beitrag.
lg
Rita
Sehr schöne Bilder!
Liebe Grüsse Rita
Rolf Blickling
Ich war relativ oft in Florenz konnte nie so mühelos ungestört von Menschenmassen
so viel bewundern
Danke Rolf
Hildegard
Wunderbare Reise zu Kunst und Kultur – und erst noch gratis!
Danke, liebe Regula
Hildegard
Adrian Spiegel
Herzlichen Dank für deinen höchst interessanten Bilderbeitrag von dieser Stadt.
Sicher hast du nebst tausendfacher Kunst in Florenz auch dem kommenden Lenz* gefunden? Da muss ich mit Susanne sowieso mal hin!
* Bei den Schlaraffen heisst der März “Lenzmond” und der April “Ostermond”.
Doris Nordmann
Super, liebe Regula, ich habe unsere Reise nochmals intensiv wiedererlebt, und freue mich jetzt schon auf Deine nächsten Reiseberichte.
Herzlichen Dank Doris
Susanne
Liebe Regula
Normalerweise geniesse ich Deine Blogs jeweils als «Kaffeepause», um den Kopf zu lüften und mir selbst eine Freude zu machen. 😉
Für Florenz musste ich die Pause allerdings erheblich verlängern, so viele Eindrücke und wunderbare Bilder wollte ich nicht einfach so konsumieren, sondern auf mich wirken lassen…
Danke immer wieder für Deine Eindrücke, Bilder und Gedanken, an denen Du uns teilnehmen lässt – ein echtes Geschenk!
Herzlich Susanne