Frauentag – Frauenmuseum Meran

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Miteinander vernetzte Frauenmuseen gibt es auf der ganzen Welt.

Vor einigen Jahren besuchte ich erstmals das Museum in Meran. Letzte Woche war ich wieder dort und war beeindruckt von der Reichweite dieses Netzwerkes.

Das Netzwerk der Frauenmuseen macht sichtbar, was Frauen für die Geschichte und Kultur ihrer Heimatländer immer schon getan haben.

Bereits beim ersten Besuch faszinierte mich das Konzept, die permanente Ausstellung des Frauenmuseums wie eine Art „Bahnhofstrasse“ mit Schaufenstern zu präsentieren. Denn die Mode ist ein Spiegel der Gesellschaft. Wer sich Zeit nimmt, dem erzählen die ausgestellten Objekte Geschichten, die den Zeitgeist der jeweiligen Epoche widerspiegeln.

Allein die Haarmode erzählt Geschichten.

Ein anderer Gesellschaftsspiegel ist die Arbeitswelt von Frauen.

Die Leistungen von Frauen beleuchten, wie sie die Welt gerechter machen, einen neuen Blick auf die Geschichte werfen, Konzepte für die Zukunft entwickeln und vieles, vieles mehr … All diese Dinge setzen Frauen- und Gendermuseen weltweit Tag für Tag um.

Entwicklung Frauenbewegung und Feminismus, 2017, Trebronson, Wikipedia

Frauenmuseen gibt es weltweit rund 50, die zu einem grossen Teil unabhängig voneinander entstanden sind. Die Frauenmuseen der Vereinigten Staaten und Europas haben ihren Ursprung in der Zweiten Frauenbewegung und dem damit zusammenhängenden neuen Verständnis von Geschichte als Gendergeschichte. Aber auch die Museen anderer Kontinente wurzeln in dem Verständnis eines modernen Feminismus.

Frauenmuseen sollen die Erziehung, Selbstsicherheit und Stärkung der Frauen fördern und Bewusstseinstraining, Möglichkeiten für unabhängiges Handeln und Werkzeuge zur Überwindung von Diskriminierung bieten.

Der Verein IAWM entstand aus dem Netzwerk der Frauenmuseen, das 2008 in Meran gegründet worden war. Das Frauenmuseum Meran und das Frauenmuseum Senegal luden damals zur ersten Konferenz, bei der auf Anhieb 25 Frauenmuseen aus allen fünf Kontinenten zusammenkamen.

2012 wurde schliesslich aus dem Netzwerk der Frauenmuseen bei seinem 4. Internationalen Kongress in Alice Springs der Verein IAWM gegründet. Seither finden im Abstand von vier Jahren die internationalen Treffen des Vereins und, wenn gewünscht, um zwei Jahre versetzt die kontinentalen Treffen der Vereinsmitglieder statt.

Das Frauenmuseum in Meran hat sich mit seiner permanenten Ausstellung auf die Kultur- und Alltagsgeschichte aus weiblicher Sicht spezialisiert. Beispielsweise Schönheitsideale lassen auf die Rolle der Frauen in der Gesellschaft Rückschlüsse zu.

Frauenideale, -bilder und -rollen vom 19. Jahrhundert bis heute sind im Museum mittels Kleider, Accessoires, Alltagsgegenständen, Büchern und Dokumenten präsentiert.

Die aktuelle Sonderausstellung befasst sich mit Europas Geschichte und Traditionen zu Geburt und Mutterschaft Birth.

Geburt geht uns alle an. Wie der Tod betrifft sie ausnahmslos jeden Menschen. Die Bedingungen, die eine Schwangerschaft und Geburt begleiten, prägen unser Leben. Geburtskultur ist die Art und Weise, wie der Start ins Leben von einer Gesellschaft gestaltet wird und welche Rahmenbedingungen sie dafür schafft.

Die Ausstellung wurde vom Frauenmuseum Hittisau in Österreich erstellt und bildet einen Ausgangspunkt des creative Europe Projektes „Birth Cultures“.

Geplant war, die Ausstellung im Frauenmuseum in Meran nach deren Ende in adaptierter Form im Center of Gender Culture in Charkiw in der Ukraine zu zeigen.

Die Ausstellung nimmt die Themen rund um Schwangerschaft und Geburt auf vielseitige Art auf – durch Jahrhunderte und rund um die Welt.

Man bekommt einen Einblick in das Thema – und damit auch in die Beziehung von Frauen zu ihrem Körper.

Das Thema macht Aussagen zu Genderfragen vor hundert Jahren.

Man erfährt von den Hilfsmitteln von Hebammen und Gynäkologen.

Die Geburtszangen sind wenig ansprechend – und doch war die Geburtshilfe mit diesen Instrumenten lebensrettend für Mutter und Kind.

Die Häufigkeit von Kaiserschnitten unterscheidet sich von Nation zu Nation – oft sogar von Spital zu Spital.

Röstigraben bei Dammschnitt und PDA: In der Westschweiz wird viel häufiger ein Dammschnitt vorgenommen als in der Deutschschweiz. In der Deutschschweiz wartet man eher ab, bis der Damm von selbst reisst. Die Idee: Beim natürlichen Einreissen gebe es weniger grosse Verletzungen, weil das Gewebe an der schwächsten Stelle reisse, und leichter verheile als ein gezielter Schnitt.
Auch bei der PDA gibt es einen Röstigraben: Während in der Westschweiz zwischen 60 und 80% der Frauen eine Betäubung zur Linderung des Wehenschmerzes gespritzt bekommen, sind es in der Deutschschweiz nur 25 bis 30%. Das Tessin liegt dazwischen. Der Grund für die Unterschiede liegt möglicherweise in der Beeinflussung durch die jeweils gleichsprachigen Grenzländer: In Deutschland ist die Rate von PDAs ähnlich tief wie in der Deutschschweiz. In Frankreich wird sie hingegen fast flächendeckend eingesetzt. (Quelle: Gebären zwischen Natürlichkeitswahn und Wunschkaiserschnitt – SWI swissinfo.ch)

Bilder sprechen für sich.

Wie erscheint das Thema in den Medien?

Wie prägt die nationale Politik das Gebären und Überleben von Babys?

Wie wird auf politischer Ebene Mutterschaft dargestellt?

Welche Diskussionen um das Kinderkriegen werden bis zum Fanatismus geführt?

Wie werden Babys in der Religion präsentiert?

Welche aktuellen Probleme stehen an?

Sind solche Aktionen noch aktuell?

Schwangerschaft und Geburt heute?

Und in Zukunft?

Mir gefällt an dieser Ausstellung, dass sie Fragen stellt, betroffen macht, nachdenklich werden lässt.

Die Geburt ist der Anfang einer lebensgefährlichen Reise.

Erwin Koch

Informationen
Frauenmuseum Meran Virtueller Rundgang
Meran
Südtirol
Roter Hahn: Bauernhofferien in Südtirol

Mein Artikel vom letzten Besuch im Frauenmuseum Meran.

Dank
Ich danke Roter Hahn für die Reise und den Aufenthalt auf dem Bacherhof in Nals. Danke, Jutta, dass Du mich nach Meran gefahren und wieder abgeholt hast.

Musik
Meine Lieblings-Wiegenlieder
Richard Strauss: Wiegenlied
E. Humperdinck: “Abendsegen” aus der Oper Hänsel und Gretel
Brahms Wiegenlied
Bruch: Wiegenlied der Hirten
Mozart: Wiegenlied
Grieg: Wiegenlied
Schumann: Wiegenlied
Weber: Wiegenlied (Klarinette)
Liszt: Wiegenlied
Wiegenlied Horn und Klavier
Reger: Wiegenlied

Reinhard Mey: Wiegenlied
Nordisches Schlaflied (Ronja Räubertochter)
Still, still, still…
Weisst Du wieviel Sternlein...

Frauenmuseen weltweit (ichfrau.com)

Buchtipp
Auf den Frauentag 2022 ist das folgende Buch im Limmat Verlag erschienen:
Wann, wenn nicht jetzt – Das Frauenhaus in Zürich

 

 

 

Anna im goldenen Tor
Seit vielen Jahren ist dieses Buch das feministische Buch, das mich nachhaltig beeindruckt hat.

In ihrer spannenden Erzählung von Anna, der Mutter Marias, zeichnet Erika Wisselinck ein Bild der israelischen Gesellschaft am Übergang von der alten Mutter-Religion zur Herrschaft des einen männlichen Gottes.
Mit historischer Genauigkeit und aus konsequent frauenengagierter Perspektive schildert sie die Priesterkaste in ihrem Tempel, den Frauen nicht betreten dürfen. Und sie berichtet von der Spiritualität der einfachen Frauen, die das Leben feiern und die Göttin Ascherat verehren – aber nur noch im Geheimen.
Bewegend dargestellt ist auch das schwierige Mutter-Tochter-Verhältnis zwischen Anna, die sich zur weisen Heilerin entwickelt und uraltes Frauenwissen weitergibt, und ihrer Tochter Maria, die all ihre Hoffnung in den Sohn legt und darüber beinahe mit ihm zugrunde geht.
Ich habe mit Jutta, der Kräuterexpertin vom Bacherhof im Südtirol, über Asche in der Naturheilkunde und über dieses Buch gesprochen. Hestia ist der Archetyp für die weise, naturverbundene Frau.  Die griechische Göttin “Hestia” ist die Hüterin des Feuers. Im Gespräch erinnerte ich mich an eine weiteres “Frauenbuch”.

Göttinnen in jeder Frau
Jean Shinoda Bolen entwickelte 1984 die Archetypen-Theorie von C. G. Jung weiter und schuf eine neue Typologie als Mittel zum Verstehen psychischer Konflikte. Archetypen sind als Grundmuster instinktiven Verhaltens, die allen Menschen als kollektives Unterbewusstes inne wohnen, zu verstehen. Bolen entfernt sich von dem ursprünglichen Entweder-Oder-Prinzip in Jungs Theorie und geht davon aus, dass mehrere Archetypen in einer Frau aktiv sein können. Je nach Situation, Ereignissen, Lebensphasen, Hormonen, Handlungen, Beziehungen zu anderen Menschen, sowie gesellschaftlichem und familiärem Umfeld können die verschiedenen Göttinnen aktiviert werden.
In ihrem Buch „Göttinnen in jeder Frau – Psychologie einer neuen Weiblichkeit“ bezieht sie sich auf sieben verschiedene Göttinnen der griechischen Mythologie, wobei jede stellvertretend für einen weiblichen Archetyp steht: Artemis (Schwester), Athene (Strategin), Hestia (Hüterin des Herdes), Hera (Ehefrau), Demeter (Mutter), Persephone (Tochter), Aphrodite (Geliebte).

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  1. Brigitte Gilomen

    Danke für den eindrücklichen Bericht. Ein Hoch auf uns Frauen! Diese Themen sind so wichtig. Das Museum kommt auf meine Liste.

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