Die Wachau im Fluss der Zeit

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Panta rhei, alles fliesst, wussten schon die Griechen. Nichts bleibt ewig wie es ist.
Die Zeit fliesst, das wird einem beim Jahreswechsel immer wieder bewusst.

Symbolisch die beiden Fotos aus der Wachau: Meine Geschichte geht weiter. Und ich weiss noch nicht, wie die Zukunft sein wird. Wir spielen mein Leben vierhändig, mein Schicksal und ich.

In den ersten drei Tagen des Jahres beginnen für mich zugleich ein neues Kalenderjahr und ein neues Lebensjahr.
Zeit, innezuhalten, mit Dankbarkeit zurück zu schauen, und mit Zuversicht und etwas Frechmut die Zukunft anzugehen.

Panta rhei, alles fliesst, wurde mir in der Wachau bewusst.


Die Donau fliesst und bestimmt das Leben in der Wachau seit Jahrtausenden.

Die Wachau umfasst die Landschaft über 35 Kilometer entlang der Donau, zwischen Melk und Krems, rund 80 Kilometer westlich von Wien. Geologisch gehört die Wachau zum österreichischen “Naturraum Granit- und Gneishochland”.

Die Landschaft ist einerseits geprägt durch die klimatisch begünstigten Randzonen der Donau, anderseits durch die angrenzenden Hügel des Dunkelsteinerwaldes und des Waldviertels mit ihren kalten Wintern.

Karte von Daniel Ullrich (Threedots) im Februar 2005 mit Adobe Photoshop 6.0 “gezeichnet”.

Seit Urzeiten war die Donau ein wichtiger Verkehrsweg. Für die Römer war sie der Grenzfluss gegen die Völker im Norden. Im Mittelalter bildete der bayerisch-österreichische Donauraum das Zentrum des Ost-West-Handels.
Die Schifffahrt brachte Arbeit für einen guten Teil der Bevölkerung in den Orten am Fluss.

Das Schifffahrtsmuseum Spitz erzählt die Geschichte der historischen Donauschifffahrt.

Dieses Museum hat mich begeistert. Es ist entstanden, weil sich zwei engagierte Menschen mit einem gemeinsamen Ziel zusammengetan haben.

Fundstücke wurden hier so zusammengesetzt, dass sie vor den Augen der Besucher ein ganzes Schiff entstehen lassen.

Die Schiffsmodelle sind faszinierend. Liebevoll sind die kleinsten Details nachgebildet.

Bei den Römern und Kelten zogen Sklaven die hölzernen Schiffe flussaufwärts.
Die Römer kannten bereits die Dampfmaschine, aber Sklaven waren billiger. Es sollte noch bis in die Mitte des 18. Jahrhunderts dauern, bis Dampfschiffe aus Metall auf der Donau fuhren.

Die Römer bauten knapp um das 1. Jahrhundert über der Wasseroberfläche einen Pfad, auf dem ihre marschierenden Soldaten den Schiffen Richtung Balkan folgen konnten.

Diese Pfade, Treppelwege, dienten über Jahrhunderte dazu, Schiffe wieder flussaufwärts zu ziehen. Über die Jahrtausende konnten Boote stromaufwärts nur durch Treideln entlang der Treppelpfade vorankommen.


Dabei wurden die Boote zuerst von Menschen, ab dem 15. Jahrhundert zunehmend von Zugtieren stromaufwärts gezogen.

Zudem setzte man nach Abschaffung der Todesstrafe durch Kaiser Joseph II. in der Habsburgermonarchie um 1787 aus wirtschaftlichen Gründen und weil es abschreckender und empfindlicher sein sollte, Sträflinge zum Treideln auf der Donau ein. Viele der Verurteilten überlebten jedoch diese Tortur nicht.

Noch heute sind die Treppelwege vor allem bei den zahlreichen Velofahrern beliebt.

Die späteren Schiffszüge waren straff organisiert und umfassten bis zu 60 Pferde und gleich viele Menschen. Wegen des verästelten Flusssystems mit wechselnden Untiefen war ein solcher Schiffszug langsam unterwegs. Oft wurden an einem Tag nur wenige Kilometer überwunden. Häufig musste mit den Pferden die Flussseite gewechselt werden. Zudem behinderten Wetter und Wasserführung oft das Vorankommen.

So mühsam dies war, es brachte den Menschen Arbeit und Wohlstand – dies nicht nur durch die Schifffahrt direkt. Beispielsweise für Schmiede, Lastenträger und Sattler.

Auch für lokale Gastwirte und Weinbauern brachte die Schifffahrt ein gutes Einkommen.

Mit den Dampfschiffen kamen auch die Touristen.

Im Museum sind auch Modelle von Schiffen ausgestellt, die nicht direkt mit der Donau in Zusammenhang stehen.

Schiffe dienten nicht nur dem Handel mit Waren.

Kriegsschiffe haben Aufstieg und Untergang von europäischen Grossmächten mitbestimmt.

Auch bei diesen Modellen sind die Details faszinierend. 🙂

Hinweise auf die Donau-Schifffahrt sind allgegenwärtig.

Heute bringen schwimmende Hotels grosse Mengen Touristen in die Wachau.

Das Schiff legt beispielsweise in Dürnstein an und spuckt eine Menschenmasse aus, die das kleine Dorf überflutet.

Ich musste die Flucht ergreifen, als ich dort in einen solchen Touristenstrom geriet. Sonnen- und Schattenseiten des Tourismus!

Einerseits ist es die Donau-Schifffahrt, die den Wohlstand der Wachau begründet hat, anderseits das Klima, das guten Wein und Obst gedeihen lässt.

Ein Klima zu Feiern!
Die Wachauerinnen kamen übrigens nicht nur unter die Haube, sie kamen unter goldene Hauben.

In der Wachau gibt es in Mautern ein Goldhaubenmuseum, einen vollgestopften Raum, der zur mehrere Jahrhundert alten Margaretenkapelle gehört.

Die Wachauer Goldhaube ist eine der bekanntesten und schönsten Goldhaubenformen.

Sie wird in Handarbeit aus Brokat, Goldspitzen und Seide gefertigt und war früher ein Statussymbol der privilegierten bürgerlichen Schicht.

Heute steht sie für die engagierten, selbstbewussten, heimatbewussten Wachauerinnen.

Wo Reichtum ist, ist auch die Kirche.

Das barocke Stift Göttweig liegt am Wachauer Südufer und thront markant auf dem Göttweiger Berg.

Beeindruckend ist die Kaiserstiege mit dem prächtigen und einzigartigen Deckengemälde von Paul Troger.

Beeindruckt hat mich aber auch die sture Behauptung der Führerin: “Die Reformierten haben auch das Fegefeuer. Wo kämen wir hin, wenn es keine Strafe gäbe?”

Ich konnte es ihr nicht ausreden – und es passte für mich in diese prunkvolle Klosteranlage.

Das Stift Göttweig ist auf alle Fälle sehenswert.

Noch gigantischer ist das Stift Melk. Glänzende Höhepunkte sind die prächtig ausgestattete Stiftskirche, der Marmorsaal und die Bibliothek, die etwa 100.000 Bände umfasst. Berühmt ist zudem das Deckenfresko von Paul Troger, das eine Allegorie des Glaubens darstellt. Das Stiftsmuseum führt durch die geschichtsträchtigen Jahrhunderte des Klosters. Ausstellungsstücke aus Schatzkammer, Archiv und Bibliothek des Stiftes verdeutlichen das Leben der geistigen und geistlichen Eliten früherer Zeiten. Der Eliten! Bezahlt hat das einfache Volk.

Ich freue mich, gleich zwei Mal meinen Lieblingsheiligen Nepomuk gefunden zu haben – der Brückenheilige, Patron der Schiffer und Flösser, steht für einmal nicht über dem Wasser, sondern in luftiger Höhe. Normalerweise gilt Rainer Maria Rilkes Satz: “Auf allen Brücken spucken lauter Nepomuken“.

Zurück zum Reichtum der Wachau. Die Wachau ist ein einziger Obstgarten!

Wo sonst gibt es Marillenbauern?

Marillen, Aprikosen, sind hier eine Wissenschaft.

Auf dem Kausl-Marillenhof degustiert man gern unterschiedlichste Edelbrände und Liköre des innovativen Jungunternehmers.

Ein Paradies ist der Hotelgarten des Barock-Landhofs Burkhardt.

Hier lässt sich Ruhe finden.

Beim Flanieren in der Gartenanlage entdeckt man unzählige Obstsorten.

Beispielsweise unterschiedlichste Birnensorten.

Auch Blumen blühen um die Wette.

Hier einen spontanen, unkomplizierten Apéro mit tollen Gesprächen zu zelebrieren, ist ein wahres Fest. Der Uhudler gehört aber ins Burgenland und nicht in die Wachau.

Auch beim Betrachten der Früchte und Blumen wird der Wechsel der Jahreszeiten, der Fluss der Zeit bewusst.

Der Wechsel von Tag und Nacht.

Das fliessende Werden und Vergehen der Pflanzen, der Fluss der Donau… das Leben ist endlich. Es gilt, dankbar kostbare Momente zu erkennen, zu wertschätzen und im Lebensbuch bewusst zu sammeln.

 

In diesem Sinne allen ein gutes 2020.

Lasst uns gehen mit frischem Mute
in das neue Jahr hinein!
Alt soll unsre Lieb und Treue,
neu soll unsre Hoffnung sein.

Hoffmann von Fallersleben, 1798-1874

Informationen
Wachau
Barock-Landhof Burkhardt
Schifffahrtsmuseum Spitz
Goldhaubenmuseum
Stift Göttweig
Kausl-Marillenhof

Dank
Ich danke Ursula Zeller, Fernverkehr, Linienmanagement, ÖBB-Personenverkehr AG für die Reise. Geheim Tipp: Auf dieser Strecke gibt es Business-Class-Tickets.
Ich danke einmal mehr Daniel Predota von Österreich Werbung für die Organisation dieser Reise.
Mein Dank geht auch an Jutta Mucha-Zachar, Donau Niederösterreich Tourismus GmbH, für das Organisieren der Besuche in der Wachau und die guten Gespräche.
Mein grosser Dank für die Gastfreundschaft im Barock Landhof Burkhardt geht an Rita und Familie Burkhardt. Danke, Rita, dass ich mit Deinem Cabriolet herumflitzen durfte!

Musik
2020: 1770, vor einem Viertel Jahrtausend kam Ludwig van Beethoven zur Welt.
8. Sinfonie
Bei den Goldhauben denke ich an den Komponisten Carl Michael Zierer.
Mamsell Übermuth
Stromabwärts

Film
Mariandl, 1962, spielt in der Wachau

Buchtipps

Das Wachauer Kochbuch von Christine Saahs. Leseprobe. Bei meiner letzten Wachaureise vor ein paar Jahren war ich Gast im Nicolaihof. Christine Saahs hat mich damals tief beeindruckt!

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Gedanken zum Jahreswechsel

  1. ritanna

    Oh, oh, oh. Spitz an der Donau, warst Du auch zuhinterst im Dorf?
    Warst Du im Restaurant, wo der Film in den 50ziger Jahren gedreht wurde ?
    Ich muss tief atmen vor lauter “Heimweh” nach Spitz an der Donau und alles rundum.
    Ohje , muss weg. Ich komme nochmals darauf zurück, einzutauchen in die geliebte Wachau mit dem Heurigen und den Marillen, Marillen-Knödel.

  2. Rita

    Von der Wachau sind mir besonders die Mücken beim Abendesse auf der Terasse an der Donau in Erinnerung geblieben – und vom nächsten Morgen die armen Velofahrer, die im strömenden Regen wieder ihrer Gruppenleitung folgen mussten…

  3. ritanna

    Liebe Regula, Du hast wirklich alles eingefangen, was zur Wachau gehört.
    Ein Traum ! Es lohnt sich wirklich gemächlich, Land und Leute kennen zu lernen.
    Einfach eintauchen, merken, warum die Marillen, die Trauben so gut gedeihen und zärtlich gepflegt werden, bis der gute Tropfen jedem mundet.
    Danke

  4. Mark

    Liebe Regula, ich bin sehr begeistert von Deinen Impressionen über die Wachau. Besonders gefallen mir die schönen Fotos.
    Leider haben wir uns damals mit unseren Besuchen bei Rita “verpasst”.
    Liebe Grüße
    Mark

    • Regula Zellweger

      Hallo Mark
      Deine Zeilen freuen mich sehr. Vielleicht im Mai Bellwald (mein Chalet) mit Rita?

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