Appenzell

Appenzell ist sowohl ein Kanton als auch eine Kantonshauptstadt. Es gibt zwei Halbkantone: Appenzell Innerrhoden und Appenzell Ausserrhoden.

Appenzell ist der Hauptort des Kantons Appenzell Innerrhoden.
1597 teilte sich Appenzell friedlich in zwei Halbkantone, in das reformiert-protestantische Appenzell Ausserrhoden und das katholisch gebliebene Appenzell Innerrhoden. Beide sind im Schweizer Ständerat mit jeweils nur einem statt mit zwei Sitzen vertreten.

Es gibt den “Menschenschlag” Appenzeller und die Hunderasse Appenzeller. Die Appenzeller sind eher kleinwüchsig und für die Schweizer so was wie die Ostfriesen in Deutschland. Man lacht gern über sie – denn was sich liebt, das neckt sich.

Die beiden Halbkantone Appenzell liegen in der Nordostschweiz, umgeben vom Kanton St. Gallen. Landschaftlich sind sie als Ferienregion sehr attraktiv.

Der zweitkleinste Kanton der Schweiz, Appenzell Innerrhoden, erstreckt sich über fast 2000 Höhenmeter: 540 bis–2502 m ü. M.

Höchster Berg ist der Säntis, 2502 m ü. M., im Alpstein.

Unser Besuch nach Appenzell starteten wir im Spätherbst im nahen Toggenburg, wo wir ein wunderschönes Wochenende in einem traumhaften B&B verbrachten.

Früh morgens leuchteten die Bäume einerseits in feurigen Herbstfarben, anderseits lag noch Raureif an schattigen Stellen.

Die Sonne versteckte sich noch hinter dem Säntis.

Geduld erforderte die Fahrt hinter dem Postauto – es hält an Haltestellen in the middle of nowhere mitten auf der Strasse – auch wenn selten jemand aus- oder zusteigt.

Angekommen in Appenzell öffneten die Läden und auf einem kleinen Markt wurden neben Gemüse auch Spezialitäten des Ortes angeboten. Appenzellerkäse ist beispielsweise europaweit bekannt.

Wir spazierten durch das Dorf, das lediglich von rund 6500 Personen bewohnt ist.

“Innerrhödler” sind bodenständig und die Vielfalt an bäuerlich-katholischer Traditionen wird heute noch aktiv gelebt.
Die Landsgemeinde ist der Inbegriff der lebendigen direkten Demokratie. Seit 1403 findet auf dem Hauptplatz jährlich unter freiem Himmel die Landsgemeinde statt. An diesem Tag werden die sieben Mitglieder der Kantonsregierung und die Kantonsrichter gewählt oder bestätigt, zudem wird über Sachgeschäfte wie Verfassungs- und Gesetzesvorlagen oder Kredite abgestimmt. Abgestimmt wird von den stimmberechtigten Frauen und Männern durch Hochhalten der rechten Hand. Kann das Mehr nicht abgeschätzt werden, müssen die Stimmenden einzeln ausgezählt werden.

Noch 1990 verwehrten die Männer im Kanton Appenzell-Innerrhoden den Frauen das Stimmrecht auf Kantonsebene. Freiwillig gaben die Männer ihr Vorrecht nicht auf: Am 26. November 1990 verordnete das Bundesgericht dem Kanton Appenzell Innerrhoden das Stimm- und Wahlrecht für Frauen.

Der massive, von der spätgotischen Kirche übernommene Turm überragt die Häuser. Das Kirchenschiff wurde im 19. Jahrhundert im klassizistischen Stil gebaut.

Die Hauswand ist mit Schindeln gedeckt. Naturbelassene oder gestrichene Holzschindelfassaden gehören zum unverkennbaren Gesicht Appenzells. Um dieses Kulturgut zu erhalten, unterstützen der Heimatschutz fachgerechte ausgeführte Renovationsarbeiten mit der Schindelkasse.

Beim Flanieren durch das Dorf entdeckt man kleine “Schönheiten”, wie dieses kleine Haus – das aber offensichtlich abgebrochen wird.

Die Fassaden sind dekorativ gestaltet.

Einzelne Häuser sind wahre Kleinode.

Auch modernere Fassadengestaltung findet man.

Beispielweise an der Fassade der Flauderei. Die Flauderei ist Ausstellungsraum, Schatzkammer, Erlebnisort und Einkaufsladen in einem. Hier kann man Kräuterteemischungen, Konfitüren, Liköre und Bitter, die schillernden Flauder Gold Produkte und Schokolade-Köstlichkeiten in edler Verpackung kaufen.

Marian schenkte mir Bitterorangen-Likör.

In Appenzell wird das Handwerk gepflegt.

Für mich war der Besuch des Zunfthauses der Höhepunkt. Hier und in weiteren Gebäuden kann man Handwerker bei ihrer Arbeit hautnah erleben.

Die Motive der Schnitzer sind lokal geprägt.
Sennen in der typischen Appenzellertracht: Die Männer tragen beispielsweise bei der Alpabfahrt eine braune Hose, eine rote Tuchweste, einen mit Blumen und Bändern verziertem schwarzen Hut, beschlagene Hosenträger, weisse Kniestrümpfe und Sennenschmuck. Der Vorsenn fällt mit seiner gelben Hose auf.
Zudem Kühe, Pferde, Wagen…

Der Schreiner ist kreativ. Neben einem “Öpfelbütschgi” und einem Osterhasen fertigt er die typischen Schiefertische an. Die lebendig-schwarze Schieferplatte meines Schiefertischs zuhause nutze ich gern als Unterlage für Fotos von Dingen aller Art.

Hier liegt mein Appenzeller Biber – eine bekannte, süsse Appenzeller Spezialität auf der Schieferplatte. Die Verpackung ist mit Appenzeller naiver Malerei geschmückt.
Von meinem Sohn bekomme ich jedes Jahr einen Biber zu Weihnachten.

In der Werkstatt der Kunstgiesserin entstehen wie beim Holzschnitzer ganze Alpaufzüge, und auch Fondue-Gabeln, Gürtelschnallen, Schmuck, Lampen und vieles mehr.

Die Beschläge werden vielseitig verwendet.

Auf Halsbändern für Hunde, Ziegen und Kühe beispielweise sowie auf Gürteln und Hosenträgern. Im Zunfthaus arbeitet auch ein Sennensattler.

Die Bänder der Kuhglocken zeigen eine Liebe zum Detail.

Klassische Gürtel werden mit Beschlägen besetzt.

Witzige Werke entstehen beim Handwerker, der sich auf bewegliche Objekte spezialisiert hat.

Mit raffinierter Mechanik werden Objekte in erstaunliche Beweglichkeit gebracht.

“Siedhafengrill” nennt der Kunstschmied diesen speziellen Grill.

Ganz besonders gefällt es mir beim Geigenbauer.

Sogar Streichinstrumente werden mit typischem Appenzeller Dekor einzigartig gemacht.

In den Räumen herrscht behagliche Wärme, von den Flammen, die zum Bearbeiten unabdingbar sind, aber auch aus Öfen.

Die Kunst hat das Handwerk nötiger als das Handwerk die Kunst.

Franz Kafka

Informationen
Appenzell Innerrhoden
Appenzellerland Tourismus
Zunfthaus Appenzell
Landsgemeinde Film
B&B Laui Ennetbühl

Im Toggenburg genossen wir die herzliche Gastfreundschaft von meiner Journalistenkollegin Silvia Schaub und Beat Herrmann im B&B Laui Ennetbühl. Silvia ist Verfasserin von Reiseführern aus der Region.

Dank
Silvia und Beat danken Marian und ich für die schöne gemeinsame Zeit.

Musik
Alphorn, Talerschwingen und mehr
Hackbrett
Appenzeller Streichmusik
Zöierle” ist ein Gesang ohne Worte, mit charakteristischem Wechsel von Brust- und Kopfstimme. Ursprünglich wurde das Vieh mit “Naturjodel” angelockt.
Appenzeller Witze

Bücher zur Ostschweiz von Silvia Schaub

Säntisgebiet, zu dem Appenzell zählt
und St. Gallen.

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Irgendwo im Schnee

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Lilu Lichtfestival Luzern

  1. Mary

    Es war sooo schön mit dir ❤️

  2. Gabriele Lelie

    Liebe Regula,
    es ist immer wieder ein Genuss, mit dir unterwegs zu sein. Deine Fotos haben soviel Lebendigkeit und fangen die Stimmung wunderbar ein. Vielen Dank dafür und auf ein gutes, erfüllendes, hoffentlich friedvolleres Jahr 2025
    Herzliche Grüße
    Gabriele

  3. Susanne

    Danke vielmals für die wunderschönen Fotos, den Bericht und die Verlockung, bald wieder einmal nach Appenzell zu gehen!

  4. Rosi Kremer

    Oh wie schön, liebe Regula!
    Den “Tripp” mache ich im Frühling! Dann esse ich erst mal im “Gupf” in Rehetobel und anschließend geht’s weiter in dein vorgeschlagenen B&B!
    Vielen Dank für den tollen Beitrag und
    Herzliche Grüße von der schönen Mosel!
    Rosi

  5. ritanna

    “Flauder” kommt von den Türken, die auch mal in unser Land eindrangen:
    heisst “Schmetterling” “Sommervogel” wie wir sagen.
    “Keinod” ist die Pracht in sich selber.
    Wunderbar hast Du Regula, die Kultur mit den Menschen in ihrem einmaligen Einklang gesehen. Ohne die Appenzeller, wären wir ärmer!

  6. Haris

    Meine liebe Frau und ich, sehr oft als Gäste im Gasthaus Eischen. Schönsten Fleck der Welt.

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