Bayreuth und Wagner

Die Stadt Bayreuth und der Musiker Richard Wagner gehören untrennbar zusammen.

Ich war in Bayreuth – und begegnete quasi hinter jedem Busch dem Komponisten. Mit den berühmten Festspielen brachte Wagner Kunst und Kultur in die Stadt und förderte den Tourismus. Bayreuth ist aber auch ohne Wagner eine Reise wert.

Zu den Musts in der Wagnerstadt Bayreuth gehören das Festspielhaus und sein Park sowie das ehemalige Wohnhaus der Familie Wagner, das heute das Richard Wagner Museum beherbergt, und die Villa Wahnfried mit dem angrenzenden Haus Siegfried, wo die Familie Wagner regelmässig den Familienfreund Adolf Hitler empfing.

Richard Wagner hatte keinen guten Start in sein Leben. 1813 in Leipzig geboren, litt er während und nach der Völkerschlacht bei Leipzig an Unterernährung. Angst herrschte vor und übertrug sich auf das kleine Kind. Im Oktober 1813 besiegten die Truppen der Allianz von Russland, Preussen, Österreich und Schweden sowie kleineren Fürstentümern die Truppen Frankreichs und seiner Verbündeten unter Napoleon.

Blick über das Schlachtfeld auf Leipzig (Aquarell), 1813, Stadtgeschichtliches Museum Leipzig, Ernst Wilhelm Strassberger (1796–1866) wikidata:Q1360614

In der Schlacht wurden von den rund 600.000 beteiligten Soldaten 92.000 getötet oder verwundet. Nach der Schlacht brach Typhus aus. Der Krankheit fiel Richards Vater zum Opfer. Die Musikgeschichte hat Glück gehabt, dass Wagner seine frühe Kindheit überlebte.

Seine verwitwete Mutter heiratete mit ihren acht Kindern einen Schauspieler und so kam Wagner in den Genuss, 1821 Carl Maria Webers Freischütz auf der Bühne zu sehen und zu hören. Mit acht Jahren war sein Entschluss, Opernkomponist zu werden, gefasst. Was wäre, wenn seine Mutter einen Juristen oder Arzt geheiratet hätte?

Minna Planer, Porträt von 1835, Wikipedia

Seinen Plan setzte er konsequent um, 1833 komponierte er seine erste Oper. Er heiratete erstmals in Magdeburg, wo er als Musikdirektor amtierte. Er initiierte Neuerungen: Die Opernsänger hatten wie Schauspieler zu performen, Mimik und Körpersprache unterstrichen die Aussagen der Musik.
Neu richtete sich der Blick des Dirigenten auf das Orchester – und nicht mehr aufs Publikum.
Wagner ging mit den Werken anderer Komponisten nicht zimperlich um: Er setzte oft eigene Akzente und ignorierte die Vorgaben.

Er pflegte einen Lebensstil, der Schulden zur Folge hatten. Er und seine Frau Minna flohen vor den Gläubigern über Riga nach London.

1843 kam der Erfolg mit “Der fliegende Holländer”. Seine Werke wie beispielsweise “Lohengrin” brachten nationale und internationale Anerkennung.

Wegen seinen Aktivitäten während der Mai-Revolution in Dresden wurde Wagner steckbrieflich gesucht und floh in die Schweiz. Er blieb neun Jahre in der Schweiz.

Wohnhaus Wagners in Zürich Hottingen. Foto: Martin Rulsch, Wikimedia Commons

Für die Zürcher blieb vor allem ein Skandal in Erinnerung. Otto Wesendonck unterstützte den politischen Flüchtling Richard Wagner und liess ihn und seine Frau Minna in einem Haus im Park seiner Villa wohnen. Da Wagner sein ganzes Leben immer wieder hoch verschuldet war, gleichzeitig aber nicht auf seinen kostspieligen Lebenswandel verzichten wollte, bestand eine enge materielle Abhängigkeit vom Ehepaar Otto und Mathilde Wesendonck.

Mathilde Wesendonck wurde Wagners Muse. Hier trennen sich die Geister, was man unter dem Begriff “Muse” zu verstehen hat. Minna Wagner trennte sich von ihrem Mann.

In meinem Stadtzürcher, sehr musikaffinen Elternhaus war Wagner tabu. Viele Zürcher nahmen ihm mit ihrer zwinglianischen Prägung sein Verhalten übel: Schulden und einem Mann die Frau ausspannen, während man sich von ihm unterstützen liess, passte nicht in die eher puritanische Limmatstadt.

Wie auch andernorts legte man in Zürich Wagner seinen Antisemitismus zur Last.

Wagner hat in seiner Zeit in der Schweiz aber einige seiner wichtigsten Werke geschaffen. Er vertonte auch Gedichte von Mathilde Wesendonck.

Wagners zweite Frau, Cosima Wagner, Tochter von Franz Liszt, die er nach dem Tod seiner Frau Minna heiratete, versuchte das langjährige, enge Verhältnis zwischen Wagner und Mathilde Wesendonck zu zerstören. Sie verbrannte alle Briefe von Mathilde an ihn, so dass heute nur noch die Briefe Wagners an Mathilde Wesendonck erhalten sind.

Wagner war – wie gesagt – nicht bescheiden. Er wollte ein eigenes Festspielhaus. Dieser Wunsch wurde ihm in Bayreuth erfüllt. Im August 1876 wurde das Festspielhaus feierlich eingeweiht, illustre Gäste wie Tschaikowski, Nietzsche und Kaiser Wilhelm I. wohnten der Eröffnung bei.

Die viele Arbeit und die permanenten Geldsorgen wirkten sich auf Wagners Gesundheit aus.

Im Februar 1883 starb er in den Armen Cosimas in Venedig.

Wir besuchten das Festspielhaus und erhielten eine Führung. Es wurde in den Jahren 1872–75 von Otto Brückwald nach Entwürfen von Richard Wagner im Stil der hellenistischen Romantik errichtet.
Anders als viele Opernhäuser hat es kein festes Ensemble und wird jedes Jahr ausschliesslich vom 25. Juli bis 28. August im Rahmen der Bayreuther Festspiele mit Opern oder Musikdramen von Wagner in 30 Vorstellungen bespielt.
Die tontechnisch raffinierten Neuerungen, die Wagner veranlasst hatte, überzeugen. Wer sich für Akustik und bauliche Lösungen für ein modernes Opernhaus interessiert, sollte unbedingt an einer Führung teilnehmen.

Er versenkte beispielsweise das Orchester in den bis zu 12 Meter tiefen Orchestergraben. Da das Orchester zum grossen Teil nicht vor, sondern unter der Bühne sitzt, ergibt sich für das Publikum Nähe zu den Sängern.

Im Park des Festspielhauses stiess ich auf eine besondere Ausstellung im Freien. Sie zeigt Fotos und kurze Lebensgeschichten von Musikern, die unter der Herrschaft der Nazis verfolgt wurden.

Die Ausstellung “Verstummte Stimmen – Die Vertreibung der „Juden“ aus der Oper 1933 bis 1945” im Festspielpark machte mich tief betroffen.

Während dem Nationalsozialismus wurde Wagners Werk zum Staatskult erhoben. Mit seiner Schrift “Das Judentum in der Musik” und weiteren Äusserungen gehört Hitlers Lieblingskomponist Richard Wagner geistesgeschichtlich zu den obsessiven Verfechtern des Antisemitismus und zu den umstrittensten Künstlern der Kulturgeschichte. Hitler war oft Gast bei der Familie Wagner.

Die Engländerin Winifred Wagner war die Frau von Wagners Sohn Siegfried. Von 1930 bis 1944 war sie die Leiterin der Bayreuther Richard-Wagner-Festspiele. Sie war eine Freundin und Unterstützerin Adolf Hitlers und bekannte sich auch nach der Zeit des Nationalsozialismus – bis in die 70-er Jahre des letzten Jahrhunderts – zu ihm.

Wagners Wohnhaus “Villa Wahnfried” kann besichtigt werden. Richard und Cosima Wagner zogen im Jahr 1874 mit ihren Kindern Daniela, Blandine, Isolde, Eva und Siegfried ein. Franz Liszt, Cosimas Vater, wohnte gegenüber.

Wagner als Suchender.

Richard Wagner ist im Park von Haus Wahnfried beerdigt.

Auch Wagners Hund Russ wacht und ruht hier.

Was mir in Bayreuth betreffen Musik ausgezeichnet gefallen hat:

Steingraeber & Söhne – Klaviermanufaktur in Bayreuth seit 1852.

Bereits das Treppenhaus ist ein Blick wert.

Hier kann man viele Details entdecken. Oder das Innenleben des Liszt-Flügels.

Insbesondere wer eine Affinität zu Klavieren hat, wird die Ausstellung geniessen.

Im Rokokosaal der Steingraeber & Söhne Klaviermanufaktur steht der originale Liszt-Flügel von 1873.

Egal wie man zur Person von Richard Wagner eingestellt ist, auf seinen Spuren Bayreuth zu entdecken, lohnt sich und man bekommt Eindrücke zu zahlreichen Themen. Wem Wagners monumentalen Opern zu heftig sind, dem empfehle ich Wagners orchestrale Werke. Es gibt zauberhafte, auch zarte Stücke. Und auch einzelne Chorwerke und Ouvertüren sind richtige Ohrwürmer.

Es ist nicht wichtig, ob der Mensch vom Affen abstammt;
viel wichtiger ist, dass er nicht wieder dorthin zurückkehrt.

Richard Wagner, 1813 – 1883

Informationen
Bayreuth Tourismus
Bayreuther Festspiele
3D-Rundgang Festspielhaus
Virtueller Rundgang durch Steingraeber Haus und die Klaviermanufaktur
Franz Liszt Museum

Mein Blogbeitrag Bayreuths Wilhelmine

Dank
Ich danke Patricia Baur, Junior Communications Manager bei Wilde & Partner Communications GmbH, für die perfekte Organisation der Reise und die herzliche Begleitung.
Ich bedanke mich auch herzlich bei Frank Nicklas, unserem charmanten Gastgeber in Bayreuth.

Musik
Wagner: Siegfried-Idyll (Mein Favorit)
Kommentar von Blogleserin Theresa: “Bei mir kommen grad total Frühlingsgefühle auf! So kenne ich Wagner gar nicht, so fein und optimistisch. Diese dramatische Sequenz, wie sie mit dem Horn aufgelöst wird! Sogar ein Bienenschwarm taucht auf…Schmetterlinge flattern von Blume zu Blume … Also ja, definitiv ein ansprechendes Stück.”
Wagner: 1. orchestral music
Wagner: 2. orchestral music
Wagner: Trauermarsch
Wagner: Hochzeitsmarsch
Wagner: Overtures and preludes

Wagnerwahn Sehenswerte Doku
Filme zu Wagner

Online-Opernführer Opera-Inside
Peter Lutz ist der Autor und Verfasser des online Opernportals opera-inside. Neben der Vorstellung der Handlung erläutert der Verfasser die Geschichte der Werke und die Analyse deren Musik. Dazu kommt eine detaillierte Vorstellung der schönsten und wichtigsten Stellen und der grossen Interpretationen der Aufnahmegeschichte (mit vielen eingebetteten YouTube Videos mit den großen Aufnahmen der Werke).
Beispiel: Handlung Fliegender Holländer

Wagners Biografie gesprochen
Weitere Musiker-Biografien aus der sympathischen Reihe “Sein Leben und seine Orte”.

Die Handlung von TRISTAN UND ISOLDE von Richard Wagner – (Zusammenfassung Inhalt)
Die Handlung des RING DES NIBELUNGEN von Richard Wagner (Zusammenfassung Inhalt)

Buchtipps

Wagner in Zürich
Kartonierter Einband (Kt) Wagner in Zürich von Eva M Hanke

 

 

 

 

 

 

 

 

Dieser Titel klingt interessant. 🙂

Richard Wagner – mit den Augen seiner Hunde betrachtet
Kerstin Decker hat diesen Begleitern, die ihrem Herrn gewiss treuer ergeben waren als dieser den Frauen, Gönnern und Freunden, die seiner Karriere auf die Beine halfen, ein Buch gewidmet.

Gelesen
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  1. Ursi Zellweger

    Ganz toller Artikel! Ich war schon 3x in Bayreuth. Allerdings muss man bei diesen heissen Sommern hitzeresistent sein, die Lüftung des Festspielhauses ist aus dem letzten Jahrhundert!🙈

  2. Theresa

    Liebe Regula
    Tolle Fotos, interessanter Bericht, den ich sehr gerne gelesen habe.
    Und ein schönes Musikstück, die Siegfried-Idyll. 😁
    Aber was? Der Hochzeitsmarsch ist von Wagner? Ich kenne nur den von Mendelssohn aus dem Sommernachtstraum…
    Liebe Grüsse und immer bereit, Neues zu lernen .😀

  3. Susanne

    Liebe Regula
    einmal mehr wird mir klar, weshalb ich Richard Wagner eigentlich nicht mag. Weder seine Musik, noch seine Ansichten und Lebensweise…ich habe schon einmal eine Zusammenfassung seiner Biografie gelesen und damals schon hatte ich dieses Gefühl. Bei fast allen Komponisten erkenne, erspüre, erfahre ich ihr in Musik gefasstes Lebensgefühl – Wagner hab ich immer abgelehnt, obwohl ich das nur aus meinem Bauch heraus getan habe. Jetzt weiss ich wenigstens warum! 🙂

  4. Susanne Baer

    Ganz herzlichen Dank, liebe Regula!
    Ich habe deinen Bericht mit grossem Interesse gelesen.
    Ich kenne die Opern TANNHÄUSER und DIE MEISTERSINGER sehr gut, hatte sie im Opernhaus Zürich vor vielen Jahren schon mehrmals besucht.
    Wagner selbst interessierte mich nicht so sehr, dein Bericht mit den Fotos gab mir jedoch eine gute Zusammenfassung von seinem Leben.
    Mir gefällt die Musik von Richard Wagner, aber geniessen kann man sie nur, wenn man sich ganz auf sie einlassen kann.

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