Strohsterne und Co

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Strohsterne sind etwas aus der Mode gekommen, aber sie gehörten unabdingbar zu Weihnachten vergangener Generationen.

Denn Stroh konnte man unentgeltlich auf den abgeernteten Feldern sammeln. Mit etwas Bindfaden konnte man die unterschiedlichsten Sterne oder Engel kreieren.

Schön ist die Legende zur Entstehung der Strohsterne-Tradition an Weihnachten: Eine junge Hirtin sass auf ihrem Strohsack, schaute zum Himmel und wusste nicht, was sie dem neugeborenen Christkind schenken sollte. Als sie den Stern von Betlehem über sich entdeckte, hatte sie die Idee, den Stern aus Stroh nachzubilden.

Foto: © Felix Wey, Schweizer Strohmuseum

In der Schweiz war das Verarbeiten von Stroh zu Bändern, Hüten und Deko-Elementen für Bauernfamilien eine gute Möglichkeit, im Winter in Heimarbeit einen Zusatzverdienst zu generieren.

© Felix Wey, Schweizer Strohmuseum

Am Anfang der Entwicklung zum Industriezweig stand die Gründung der ersten Handelsgesellschaft durch Jacob Isler im Jahr 1783. Er kaufte die in Heimarbeit hergestellten Geflechte und weitete den Handel mit ihnen auf die ganze Schweiz aus.

© Schweizer Strohmuseum Wohlen

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts wurden die ersten Wohler Strohhüte ins Ausland exportiert. Die «Strohbarone» gelangten zu Wohlstand, insbesondere als der Einsatz von Flechtmaschinen ab etwa 1840 zur Ablösung des bisherigen Verlagssystems durch Fabriken führte. Einzelne Unternehmen unterhielten Agenturen in Metropolen wie Paris, London oder New York. So genannte Strohbarone kamen zu Reichtum.

Das Rohmaterial bezogen sie aus zahlreichen Dörfern im Freiamt, im Seetal, in der Zentralschweiz, im zürcherischen Rafzerfeld und im Freiburger Greyerzerland.

© Felix Wey, Schweizer Strohmuseum

Davon erzählt das Strohmuseum in Wohlen.

In der Schweizer “Stroh-Szene” sind Claudia und Ruedi Künzi bekannte Namen. Sie entwickeln und realisieren kreative Idee mit dem Material „Stroh“ in Maschwanden im Zürcher Bezirk Affoltern am Albis.

Sie bauen in Maschwanden unterschiedlichste Getreidesorten an, verarbeiten die Halme und Ähren und verkaufen sie an Unternehmen zu Deko-Zwecken oder an Privatpersonen, die daraus wahre Kunstwerke schaffen.

Zugleich vermitteln sie Wissen um Stroh in Kursen und lassen Kinder erleben, woher das Korn zu ihrem Pausenbrot kommt.

Stroh ist ein nachwachsender Rohstoff, ökologisch und kompostierbar.

Es begann mit der Mettmenstetter Handarbeitslehrerin Elisabeth Spinnler, die Kurse im kreativen Arbeiten mit Stroh leitete. Es sei nicht einfach, zu geeignetem Material zu kommen. Diese Aussage brachte das Bauernehepaar Claudia und Ruedi Künzi dazu, für das „Basteln“ mit Stroh geeignetes Getreide anzupflanzen.

Das war 1985 – heute sind sie die bekanntesten Anbieter von Getreidedeko sowie Deko- und Flechtgetreide in der Schweiz.

Claudia und Ruedi Künzi führen den Betrieb Steinbüllen in der dritten Generation und betreiben Milchwirtschaft, Futter- und wenig Ackerbau. Wer am Hof vorbeispaziert, entdeckt neben dem Firmenschild «Strohlädeli» eine Tafel: «Eintreten und staunen». Das Ausstellungslokal ist immer offen.

Drinnen staunt man über die Vielfalt von Verarbeitungsmöglichkeiten des «Abfallproduktes» Stroh. Vom Trinkhalm, den man im privaten Gebrauch übrigens mehrmals brauchen kann, über filigrane Flechtarbeiten bis zu dekorativen grossen Papiertüten gefüllt mit Getreidegarben und Deko-Blumen für die Dekoration von Hotels oder Messeständen.

Das Naturprodukt Stroh unterliegt den Launen des Wetters. «Wir haben auch Lehrgeld bezahlt», erzählen die beiden. “Nachdem beispielsweise heftige Windböen die Halme geknickt haben.”

Das Maschwander Paar ist experimentierfreudig und hat im Lauf der Jahre auch beim Anbau beispielsweise verschiedene Getreidearten ausprobiert. Gewünscht sind möglichst lange, stabile Halme, die gut zu verarbeiten sind.

Sie sammeln auch erstaunliche Deko-Elemente aus der ganzen Welt. Ruedi Künzi hat besonders schöne Stücke aus Weissrussland heimgebracht. Claudia Künzi holt sich immer wieder neues Wissen, beispielsweise im Verein «stroh in form».

2024 geht Ruedi Künzi als Milchwirtschafter in Rente. Unterschiedliches Getreide anbauen und Strohprodukte kreieren und anbieten wollen er und seine Frau noch lange. «Stroh hat viel Potenzial. Wir haben noch viele Ideen und freuen uns darauf, noch mehr Zeit in unsere Leidenschat, das Stroh investieren zu können.»

Besser Stroh zu knüpfen als gar nichts zu tun.
Aus Irland

Informationen
Die Fotos habe ich im Lädeli von Claudia und Ruedi Künzi gemacht.
Schweizer Strohmuseum Wohlen
Getreide-Deko Künzi
Edith’s Strohstübli, Muri AG, So entsteht ein Stern

Anleitung Strohstern (mit Hilfsmittel, Legeformen erhältlich bei Butinette)
Anleitung Strohstern (Hilfsmittel selbst basteln)
Anleitung Strohstern (Papiervorlage)

Dank
Ich danke Claudia und Ruedi Künzi, dass sie sich Zeit nahmen, mir viel Wissenswertes zu Stroh zu erzählen. Und im Namen aller Besucher, dass sie ihr kleines Lädeli mit den Ausstellungsobjekten unkompliziert jedermann zugänglich machen.

Musik
Auf Heu und auf Stroh
Auf Heu und auf Stroh
Weihnachtslieder Jonas Kaufmann

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  1. anna frick

    wieder noies vom söiliamt 👍👍schön so vo ladeli zwüsse aigentlich sötti de azeigerve spalte ha womer immer etwas noies vo dene ladeli wieder erfahrt👍👍danke

  2. Susanne Mauerhofer

    Schön, von meiner alten (Arbeits)-Heimat zu lesen!
    Schön zu wissen, dass es ein Strohlädeli in der Nähe gibt!
    Auch ein Besuch des Wohler Strohmuseums lohnt sich immer wieder!

    Danke dir Regula für diesen und viele andere spannende Beiträge!

  3. Rita Anna Staubli-Eichholzer

    und ich freue mich natürlich besonders über die kreative Nachfolge von unserem Stroh Anni, Hoppler-Keusch Rottenschwil Aargau Freiamt. Edy Schambrun, Journalist AZ hat noch zu Lebzeiten mit Stroh Anni das Buch hergestellt.
    Zur grossen “Stroh-Kultur” Export in alle Länder durch “Isler” Wohlen, waren natürlich als Zwischenhändler von gefertigten Strohkunstwerken, geflochtenen Hüten in Heimarbeit, die Fergger. Vor Jahren gabs das grossartige Freilichttheater “der Fergger”. So war er es, der absahnte.
    Vielen Dank für die wundersamen Erinnerungen an Kunstwerke und deren Hand – Werks -Künstler – Künstlerinnen.

    • Regula Zellweger

      Ja, liebe Rita, die Geschichte der Wohler Strohbarone ist interessant. Das Strohmuseum in Wohlen ist museumsdidaktisch super gemacht! Hast Du das Stroh-Anni persönlich gekannt?

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