Teddybären

Ich habe noch immer meinen heissgeliebten Teddybären, den ich vor rund 65 Jahren zu Weihnachten bekam.

Mit Petzli kroch ich als Kind unter die Decke, wenn es gewitterte. Ihm klagte ich meine Sorgen und mit ihm verbündete ich mich gegen die ganze Welt.

Dass ich ihn gliebt habe, sieht man ihm an.

Der Katalog von Franz Carl Weber war etwas, um das meine drei älteren Brüder und ich uns stritten. Meine Brüder wünschten sich Meccano und Forschungsbaukästen – ich Puppenzeugs. Wir wurden damals noch geschlechtsspezifisch erzogen. Und bei uns wurde gespart, meine Brüder hatten noch die Lebensmittelmarken nach dem Krieg erlebt.

Das Betrachten der dekorierten Schaufenster in der Stadt Zürich, wo ich aufgewachsen bin, gehörte zur Adventszeit. Gern erinnere ich mich beispielsweise noch an die kunstvoll gestalteten Schaufenster vom Globus oder an die bewegten Auslagen der Streiff-Stofftiere und der Caran D’Ache Farbstiftschachteln. Und an die Teddsybären, die ich an der Hand meines Vaters entdeckte, als wir den bekannter Zürcher Spielzeigladen an der Bahnhofstrasse besuchten.

Ich verliebte mich in einen Bären, der aus meiner Sicht als vier oder fünfjähriges Mädchen riesengross war. Ich erinnere mich genau, wie die Verkäuferin erklärte, er sei apricot-farben, absolut modisch. Ich kannte diese Farbe nicht, liebte aber unseren riesigen Aprikosen-Spalierbaum, von dem wir auf dem Balkon im ersten Stock herrliche Früchte pflückn konnten. Aber orange wie Aprikosen war dieser Bär nicht. Er war eher altrosa-beige.

Mein Vater sagte aber, ein solcher Bär wäre viel zu teuer. Was ich verstand! was mich aber nicht hi immre wieder an ihn zu denken.

Weihnachten feierten wir zuhause traditionell, mit Abendessen, gemeinsamem Musizieren, einer Weihnachtsgeschichte aus der Weltliteratur. Es ging ewig, bis alle Kerzen heruntergebrannt waren und wir die Geschenke öffnurften. Zuletzt blib ein längliches Paket unter dem Christbaum. Ich glaube, das ist für unsere Kleine, meinte mein Vater. Als er das Geschenk aufhob und drehte, brummte es aus dem Paketinneren.  In fieberhaftem Eifer entfernte ich Schnur und Papier. Dieses wurde zusammengelegt und in einer Schachtel bis zur nächsten Weihnachten aufbewahrt, um wieder verwendet zu werden.

Als ich den Schachteldeckel abhob, schaute ich in die Augen meines Teddybären, der noch an diesem Weihnachtsabend Petzli getauft wurde.

Über die Erfindung des Teddybären gibt es zwei voneinander abweichende Entstehungsgeschichten, eine deutsche und eine amerikanische.

Amerikanische Variante: Präsident Theodore Roosevelt war ein passionierter Jäger.  Auf einer Jagd 1902 in Mississippi erhiel er keine Gelegenheit zum Abschuss eines Bären . Als ihm Mitglieder seiner Jagdgesellschaft ein angebundenes Bärenbaby vor die Flinte setzten, weigerte er sich, dieses zu erschiessen. Es wurde allerdings von einem Jagdkameraden mit einem Jagdmesser getötet.

Marian hat einen Steiff-Bären.

Deutsche Variante: Margarete Steiff entwickelte den ersten Stoffbären. Ein Amerikaner erstand Bären, brachte sie in die USA . Der Sekretär von Theodore „Teddy“ Roosevelt, entdeckte das Plüschtier und kaufte es als Dekoration für die Geburtstagstafel von Roosevelts Tochter. Sie sei von dem Bären so angetan gewesen, dass sie ihn nach ihrem Vater „Teddy“ getauft habe.
Anderen  Quellen zufolge sollen die ersten Stoffbären 1902 hergestellt worden sein – über die Details sind die Historiker allerdings uneins. Einige gehen davon aus, dass die ersten Bären in der schwäbischen Werkstatt von Richard Steiff, einem Neffen der Spielzeug-Fabrikantin Margarete Steiff, genäht und gestopft wurden.

In Thüringen, in Sonneberg, habe ich das Deutsche Teddybärenmuseum der Teddybären Manufaktur Martin besucht.

Rainer Martin führt zusammen mit seiner Tochter Sina das Bärenunternehmen seines Urgrossvaters bereits in vierter Generation. Mit dem grössten und dem kleinsten Bär der Welt kann er bereits Einträge im Guinnessbuch der Rekorde vorweisen.

Hier wird jeder einzelne Bär liebevoll aus besten Material handgefertigt. Das grüne Martinherz am Teddy garantiert die höchste Qualität im Teddyhandwerk und eine stetige Wertsteigung.

Er wäre 5.60 Meter hoch, wenn er stehen würde. Der grösste Teddybär der Welt  sitzt in einem eigens für ihn angebauten Schaufenster mitten in der Spielzeugstadt Sonneberg. Hier findet man im ersten Stock das Deutschen Teddybären-Museum.

Im Laden reihen sich Bären aller Art auf den Regalen aneinander. Gern stellt man sich vor, dass sie in der Geisterstunde miteinander sprchen können.

Was hätte wohl der Eischmopp-Bär zu erzählen.

Es sind wirklich sehr unterschiedliche Gesellen.

Es gibt auch Zwillinge.

Und Mehrlinge – aber sie sehen alle nicht genau gleich aus.

Es gibt begabte Bären.

Und weniger begabte.

Wie würde man die Persönlichkeit dieses Bären beschreiben?

Er ist offen und fröhlich.

Er hat einen Beruf, ist Trucker – und singt bestimmt das Lied “Ruf Teddybär”, nachts, wenn es niemand hört.

Es gibt auch “Teddynen”. Primäres und einziges Geschlechtsmerkmal rosa Masche!

Diese Dame übertreibt es etwas mit der Wimperntusche.

 

Oups, und da ist etwas mit Haarwuchsmittel schiefgelaufen.

Man erkennt Bärinnen an der rosa Nase – und den besonders weiblichen Blick. Die Kleine träumt von einer Karriere.

Genau, Bärylin Monroe.

Und er schaut so ernst. Vielleicht hat auch er ein Vorbild?

Vielleicht will er in Luthers Stapfen treten.

Im Museum hat es auch bärige Szenen. Sie sehen eher einsam aus am grossen Esstisch im Wohnzimmer. Sie warten bestimmt auf die Geisterstunde.

In der Bärenschule wird gelernt, geschwatzt und Unsinn gemacht.

Im Bärenzirkus hat es den Messerwerfer umgehauen.

Wie es wohl klingt, wenn dieses Orchester übt?

Bären verlieben sich.

Und Kinder und Erwachsene verlieben sich in Bären.

Bären illustrieren hier, wie man Bären macht.

Jedes Jahr gibt es einen neuen Jahresbären.

Wer findet den Fehler?

Nun streckt uns dieser Kerl auch noch die Zunge heraus. Wir gehen. Ins Deutsche Spielzeugmuseum.

In der Nahe findet man das Deutsche Spielzeugmuseum – wo man bestimmt auch gestandene Männer kaum wieder rausbringt. Ein museumsdidaktisch sehr gut gestaltetes grosses Museum.

Auch hier finden wir Bären.

Sonneberg war ein Zentrum für gläsernen Christbaumschmuck. Deshalb findet man hier unzähligen Baumschmuck in Bärenform.

Ich liebe Bären. Das ist mein Bärenmädchen. Wenn man den Schwanz unter dem Rock bewegt, bewegt sich der Kopf der süssen Bärin. Sagt Ja und nein, nickt, dreht den Kopf und schaut auch mal ganz schief. Für kleine Kinder ist dies kaum zu fassen, denn mit der Kopfstellung ändert sich der Ausdruck.

Diesen Bären schenkte ich mir mal nach einem Tageskurs, an dem ich mich mit einer Teilnehmerin im Opfemodus herumgequält hatte. So will ich nie werden! Wenigstens nicht längerfristig.

Aber er hat das Herz am richtigen Fleck und man muss “Armer Bär” einfach gern haben.

Der allerliebste Bär bleibt aber mein Petzli!

Das Spielzeug an sich ist Nebensache,
die phantasievolle Beschäftigung damit ist alles.

Peter Rosegger (1843 – 1918)

Dank
Ich danke Mandy Neumann von Thüringen Tourismus GmbH für die Spielzeug- und Christbaumschmuckreise in Thüringen.

Informationen
Thüringen Tourismus GmbH
Martin Bären Manufaktur und Museum
Deutsches Spielzeugmuseum
Spielzeugstadt Sonneberg
Sonneberg Tourismus

Musik
Teddybärs Picknick
Teddy Bärs Picknick Orgel
Kinderlied: Ich bin ein dicker Tanzbär
Balou, der Bär. Jungelbuch, Probier’s mal mit Gemütlichkeit
Ruf Teddybär

Film
Der Bär (Eher kein Kinderfilm, aber schöne Naturfotos)

Buchtipps

Das Bärenwunder
So, wie uns die Martin Bärenmanufaktur weismachen will, dass Bären entstehen – simmt in der Natur nicht. “Das Bärenwunder” erklärt es.
Bilderbücher – Osterkalender 2020 – …alt werden kann ich später. (altwerden-spaeter.blog) 
Lange runterscrollen!

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  1. anna frick

    min erschte Bär hani vo minnere schwester übecho vo 60 jahre sie isch die erscht wo id schwitz hatt müesse gah und wo sie sind mich gohole cho nach italie issi mitemene schwitzer Bär cho woni no hütt ha❤️❤️

  2. Kathrina Redmann

    Das ist ja eine ganz entzückende lange Bärengeschichte! Und dies, nachdem ich vor zwei Wochen im Dachboden meinen alten braunen Bären wieder gefunden habe. Peter hat sich gleich in ihn verliebt und er liegt jetzt neben ihm im Bett.
    Ich selber habe mehr mit Puppen gespielt, da gibt es noch meinen Fritzli, mit Porzellankopf und Gummiöhrli.
    Es war richtig schön, einzutauchen in deine Bärenwelt, liebe Regula,
    Herzlichen Dank!
    Kathrina

  3. Rosmarie Vollenweider

    Ja mein Teddybär sitzt auf dem Kasten im Badezimmer, er hat auch ein Schwänzchen mit dem man den Kopf bewegen kann. Meine Kinder waren fasziniert, beim spielen sagte eines einmal, aber gäll er hät dini Stimm?
    Vor Jahren gab es in Basel ein Sozialwerk(LOGO) welche aus getragenen Stoffen
    Teddybären herstellte, da habe ich aus den Mantelstoffe unserer beiden verstorbenen Mütter Bären nähen lassen für meine Kinder und auch für die Töchter als schöne Erinnerung. Sie wurden sehr professionell und liebevoll genäht, wir haben sie alle noch.

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