Spontan nach Zug

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Gestern war traumhaftes Frühlingswetter, mitten im Februar! Mit einer Münchner Journalistenfreundin, Martina, fuhr ich gestern nach Zug.

Nach solchen  Ausflügen, dieser “kostete” rund vier Stunden meiner Lebenszeit,  frage ich mich immer wieder: Warum tue ich solche Dinge nicht öfters???

Bildquelle: Zoug-ville-blason.jpg, Arnaud Gaillard

Zug war heute touristenfrei, man schaut sich als Tourist, beispielsweise aus Asien, Luzern und Zürich an – aber Zug???

In Zug trifft man aber viele Menschen, die eine andere Sprache sprechen. Sie arbeiten in der Stadt und Umgebung. Zug ist eine Metropole von internationalen Firmen und, wie böse Zungen behaupten, auch von Briefkastenfirmen.

Zug ist der Name des Kantons Zug und seiner Hauptstadt Zug.

Zug liegt 425 m ü. M. am unteren Ende des Zugersees, genauer zwischen dem nordöstlichen Ufer des Zugersees und dem See-Ausfluss Lorze sowie den unteren Westhängen des Zugerbergs in der Zentralschweiz. Die Lorze mündet unweit meines Wohnortes Obfelden in die Reuss. Obfelden befindet sich in der Mitte des Dreiecks Zug-Luzern-Zürich. Die Stadt Zug liegt 23 km südlich von Zürich und 17 Kilometer von Obfelden entfernt.

Also ist es ein Katzensprung von Obfelden nach Zug.

Der Name Zug geht auf das althochdeutsche Gattungswort zug ‹Ziehen, Zug, (Fisch-)Fang, das Einziehen der Fischernetze› zurück. Zug war eine Fischersiedlung. Heute gibt es hier ein sehenswertes Fischereimuseum.

Wir starteten in der Nähe des Bahnhofs, der See zog uns magisch an.

Die Möwen liessen ein Gefühl von Strand und Meer aufkommen.

Naja, wenigstens ein bisschen.

Wir entdeckten eine Treppe zur “Unter-See-Sicht”, der Zugang ist aber im Januar und im Februar geschlossen. Keine Möwen von unten und auch keine Fische auf Augenhöhe.

Schwäne zeigten sich nur in Bronze.

Wir folgten der Seepromenade bis zum Landsgemeindeplatz, wo wir an der Sonne und auf wärmenden Schaffellen einen Kaffee tranken.

Martina war fasziniert von den beiden über hundert Jahre alten Volièren und ruhte nicht eher, bis sie alle gut 50 Vogelarten benamsen konnte.

Unseren kleinen Stadtrundgang machten wir lediglich in der unteren Hälfte dieses Plans.

Anschliessend an den Landsgemeindeplatz lockte uns die Pizzeria San Marco beim Eintreten in den gelben Teil des Plans. Hier wurde im Freien serviert und wir ergatterten einen kleinen Tisch.

Feriengefühle überwältigten uns an der wärmenden Sonne, vor uns der blaue See.

Beim Hecht stiegen wir leicht vom See hinauf in die Altstadt. Mir fiel das Schild auf.
Das Schöne am Bloggen ist, dass man fotografierend die Welt visuell intensiver und auch die “kleinen Schönheiten” wahrnimmt.

Ein Blick zurück gibt die Sicht auf den See frei. Auffallend sind – neben den kunstvollen Schildern – die bemalten Dachunterseiten.

Das Entdecken von Details macht Spass. Beispielsweise von einem Nicht-Norm-Briefkasten.

Oder einen verklärten Heiligen. Diesen Blick muss ich mal vor dem Spiegel üben.

Oder Details an Fensterläden.

Oder ein Klingelzug an einer Haustüre.
Mit einem ähnlichen Modell betätigten wir die Toilettenspülung in meinem Elternhaus. Und schon muss ich lächeln, weil ich dort mal wissen wollte, wieviel Papier denn auf einer Klopapiertolle drauf ist. Ich brauchte ewig, bis alles wieder zurückgerollt war und vor der Türe stand die halbe Familie schimpfend Schlange. Für 5 Personen gab es eine einzige Toilette, das war normal.

Mit dem Entschleunigen bei einem Spaziergang hat man Zeit, nicht nur Dinge zu entdecken, an denen andere achtlos vorbeigehen, sondern auch sich in Gegenwart und Vergangenheit zu begegnen.

Beim Geigenbauer an der unteren Altstadt drückte ich die Nase ans Fenster, die Werkstatt war geschlossen.

2017 hatte ich mir hier einen neuen Geigenbogen gekauft, mit dem Vorsatz, im Pensionsalter wieder vermehrt zu spielen. Es ist beim Vorsatz geblieben.

Schnell wandte ich mich ab und – typisch für die untere Altstadt – erblickte den See zwischen den Häusern.

In einem Durchgang zum See hinunter entdeckte ich Leitern, die an der Decke aufgehängt waren. Und Chrätze, Rückentragkörbe.

Eine Tafel brachte Klarheit: Es sind 8.1 Meter lange Chriesileitern. Chriesi sind Kirschen. Der Kanton Zug ist bekannt für Kirschen und Kirsch.

Foto: Betty Bossy, https://www.bettybossi.ch/de/Rezept/ShowRezept/BB_KUCA130802_0242A-120-de

Und ganz besonders für die Zuger Kirschtorte, die triefend feucht ist und die wegen des hohen Alkoholgehalts nicht an Kinder verfüttert werden darf. 🙂 Rezept

2013 eröffnete im Zuger Stadtzentrum das «Zuger Kirschtorten Museum». Es zeigt rund 200 historische Exponate und erzählt die Entstehung, Geschichte und Machart der Kirschtorte

Die Leitern kommen beim traditionellen Chriesisturm zum Einsatz. Sobald die «Chriesigloggä» ertönen, rennen die Teilnehmer in Zweierteams mit der 8,1 Meter langen Kirschenleiter durch die engen Gassen der Zuger Altstadt.
Jährlich läuten die Zuger mit dem Leiterrennen und dem Kirschmarkt die Kirschsaison ein. Die Tradition geht zurück bis ins 18. Jahrhundert.

Das Pflücken von Kirschen war vor dem Geläut strikt verboten. Sogar das Laubzusammenrechen unter den Bäumen war untersagt. Die Stadt Zug verpflichtete auf der Allmend sogenannte «Chriesiwächter», die vor der Kirschreife Wache hielten. Diebe mussten mit einer Busse oder gar Gefängnisstrafe rechnen.

Durch die obere Altstadt ging es wieder zurück.

Sie ist auf zwei Ebenen angelegt.

Es hat viele Lukarnen und Dachfenster, auch ein Blick in die Höhe lohnt sich.

Ich mag auch die vielen Erker, hier beim berühmten Aklin beim Zytturm.

Das 52 Meter hohe Wahrzeichen von Zug prägt den historischen Teil der Stadt. Die Anfänge des Turmes gehen auf einen Schalenturm des 13. Jahrhunderts zurück. Es gibt hier noch zwei Verliesse.

Daneben steht ein Haus mit Erkern – ob es eine Arrestzelle gibt, weiss ich nicht. Der Zuger Polizeiposten wirkt sehr freundlich.

Nun folgten wir der Neugasse, der Hauptstrasse von Zug. Hier findet man Banken – logisch!

Auch von der Neugasse erheischt man immer mal wieder einen Blick auf den See, entdeckt einen Erker und das allgegenwärtige Wappen.

Dass es eine Schweizer Literaturgesellschaft gibt, wusste ich nicht. Es handelt sich um einen Zuger Verlag.

Kurz wandelt man auch unter Arkaden – und schaut zum Kronleuchter im gegenüberliegenden Haus.

 

Bei sonnigem Frühlingswetter tummelt sich niemand auf dem Eisfeld vor dem Postgebäude.

Nun suchten wir unser Auto und fuhren heim.

Motiviert vom blauen Zugersee schlüpften wir in die Badehose und wagten uns bis zum Hals in den Schwimmteich im Garten. Luft 6 Grad, Wasser 5 Grad. Wir fühlten uns danach pudelwohl.

Was man doch alles erleben und geniessen kann, wenn man sich eine Auszeit gönnt und entschleunigt.

Im Entschleunigen
nimmt das Leben
wieder Fahrt auf.

Wolfgang Schulze

Informationen
Zug Tourismus
Werbefilm Zug
Vier Menschen in Zug zuhause

Martina kann man hören, beispielsweise übers Briefeschreiben oder über Frustrationsintoleranz.

Dank
Danke, Martina, für Deinen Besuch und das gemeinsame Lachen.

Musik
Musikalisch entschleunigen kann man mit Agagios
Martinas Lieblingsmusik: Bianca Amapola

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Kroatische Pita

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Frosch-Liebe

  1. Ritanna

    Genau, nach einer gut gelungenen Auszeit, nimmt man wieder Fahrt auf.
    Also herrlich die Wanderung in der Zuger Altstadt. Da kommen auch bei mir so viele Erinnerungen auf. Wie ich in den Ende 60ziger Anfangs 70ziger Jahre wöchentlich das Auto links vom Pulverturm, direkt unterm Zuger Zeughaus parkierte. Regelmässig gingen die Fensterflügel oben auf. Die Männer amüsierten sich, wie ich den Schesenwagen/Kinderwagen heraushob und mit drei Kleinkindern davon ging.
    1964, der Zugersee war damals über die Ufermauern übergeschwappt, die Sonne schien extrem tief unten. An der Kreuzung Post sah ich darum das Rotlicht nicht.
    Es kostete Fr. 12.– Busse. Heute hätte ich das Billet weg.
    Und morgens sieben Uhr wartete ich auf den Fischer direkt vom See. Ich kehrte immer mit einem Kilo frischen Fisch nach Hause.
    Sogar Vater hatte in den 50ziger Jahren einen Karpfen (nähe Koller Mühle) gefangen. Deshalb vielen Dank für diese Zeitreise in Zug. Felix (Radio/Fernsehmann) heiratete in Zug, Feier am Landammenplatz. Ich sehe es noch vor mir.

  2. Kathrina Redmann

    Wunderbar, wie du das (eigentlich Bekannte?) einem wieder richtig gluschtig machen kannst, und das viele leuchtende Blau, von Himmel, See und Wappen, wirkt ansteckend belebend. Und beim Bild vom Aklin fiel mir ein, dass wir vor gefühlten 100 Jahren die Verlobung (vor der ersten Ehe) in dem rennomierten ehrwürdigen Restaurant feierten, traditionell und etwas steif, wies halt damals üblich war!
    Auch schöne Morgenstunden tauchen auf, mit Sina aauf dem Pedalo!
    Muss auch wieder mal hin, wer weiss, vielleicht mal mit dir zusammen..
    herzlich Kathrinaa

  3. Dori

    Warum in die Ferne schweifen, wenn das Nahe so schön und spannend ist.
    lg

  4. Martin Romer

    der Zuger Martin hat Sie leider knapp verpasst – war auch zur selben Zeit in der Altstadt und am See unterwegs – schöne Bilder und beschwingter Text- eine wahre Freude

  5. Martin

    Liebe Regula, liebe Martina
    Vielen Dank für euren Besuch in Zug und den Blogbeitrag. Wenn ich die Zeilen lese und die Bilder anschaue, fühle ich mich stolz, für eine so malerische Region im Marketing arbeiten zu dürfen.
    Liebe Grüsse
    Martin

  6. Judith Weilenmann

    Toll beschriebene und bebilderte (!) Runde durch Zug. Obwohl mir diese Stadt vertraut ist, habe ich viele neue & spannende Details erfahren. Schön! Diese werde ich mir dann mal vor Ort genauer anschauen!

  7. Susanne Crimi

    Liebe Regula
    bei einem nächsten Besuch von mir bei Dir möchte ich gerne etwas ganz wichtiges sehen: Der verklärte Blick…des Heiligen, den Du auch fotografiert hast…Du willst ihn ja üben???
    Und liebe «alt-werden-kann-ich-später»-Blog-Community: ich erzählt Euch an dieser Stelle, ob und wie es geklappt hat: 😉

    • Regula Zellweger

      Diese Idee kann nur von Dir kommen:-) Logische Folge: Ich darf Dich nicht mehr zum Kaffee einladen.
      Lass uns den Deal anpassen. Wir stehen beide vor den Spiegel – Gewinnerin ist, wer den Gesichtsausdruck besser imitieren kann. Und danach Prosecco statt Kaffee. Lachfalten glätten!

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