Für Silvia Padinha, Präsidentin der Vereinigung der Bewohner der Insel Culatra (AMIC) im Südosten von Portugal, ist es eine Ehre, als “Versuchslabor” zu dienen, damit der Planet sauberer, gesünder und sicherer wird.
Nicht nur touristisch ist der Besuch der Insel Culatra, auch Ilha do Farol genannt, lohnenswert. Insbesondere die zukunftsgerichtete, nachhaltige Entwicklung in Zusammenarbeit mit Umweltorganisationen und der Universität der Algarve lässt Zuversicht wachsen.
Wenn es auf einer kleinen Insel möglich ist, weshalb nicht auch in Ländern, Kontinenten, der ganzen Welt.
Wir wurden von der Umweltaktivistin und Austernzüchterin Silvia Padinha mit einer Überraschung begrüsst.
Und bekamen auch gleich die Geschichte der Austernproduktion zu hören:
Seit die Insel besiedelt ist, begründen die Menschen hier ihre Existenz auf dem Meer. Sie sind Fischer, heute auch Muschelzüchter. Bekannt sind die portugiesischen Austern.
Während der Krise zwischen 2006 und 2012 standen auf Culatra viele Fischerfamilien vor dem wirtschaftlichen Aus. Ihre Muscheln fanden kaum mehr Absatz. Um stattdessen in Austernbänke zu investieren, fehlte den Fischern das nötige Kapital. Die Bedingungen für die Austernzucht sind in der Lagune im Osten der Algarve in der Bucht von Cadiz ideal. Durch den steten Austausch sorgen die Gezeiten für sauberes, nährstoffreiches Atlantikwasser. In den seichten Gewässern, die 1755 durch ein Erd- und Seebeben entstanden, wächst die begehrte Delikatesse in nur 15 Monaten zur Verkaufsgrösse an.
Anfangs dieses Jahrtausends stand die Austernzucht an der Algarve am Anfang, während die Nachfrage nach portugiesischen Austern explodierte. Für die Austernproduktion und den Austernkonsum ist seit Jahrzehnten Frankreich bekannt. Da lag das Knowhow für die exzessive Austernzucht. Auf Culatra fanden die französischen Produzenten ideale Bedingungen und versuchten, die alteingesessenen Fischerfamilien zum Verkauf der Gründe zu “bewegen”, indem sie den armen Inselbewohnern horrende Summen für den Verkauf ihrer Lizenzen boten.
In Tavira und in Fuseta werden heute Austern unter der Leitung von französischen Lizenznehmern in Massenproduktion angebaut.
Auf der kleinen Insel Culatra blieben die Franzosen erfolglos. Sie hatten nicht mit dem traditionellen Gemeinschaftssinn der Fischer von Culatra und mit Silvia Padinha gerechnet.
Mithilfe des Engagements der Umweltaktivistin und ihrer Vernetzung in Politik, in Umwelt- und Universitätsbereichen gelang es den betroffenen Fischerfamilien mit Fördermitteln der DGRM, der portugiesischen Generaldirektion für Naturressourcen, in das Austerngeschäft zu investieren und ihre Existenz für die Zukunft zu sichern.
Silvia Padinha zeigt uns ein Metallgeflecht und erklärte uns, wie Austern gezüchtet werden. In der Metalltasche liegen Säcke mit löchrigen Maschen, darin die Austern.
Die Oberseite wird mit einer dicken Schicht Algen bedeckt. Austern ernähren sich mit Plankton, wachsen relativ rasch und müssen regelmässig umgebettet werden. In jedem Sack sind zu Beginn 500 Babyaustern, die innerhalb von 15 Monaten mehrmals in weitere Säcke aufgeteilt werden, damit sie Platz zum Wachsen haben. Letztlich leben bis 50 gleich grosse, rund 150 Gramm schwere Austern im Sack.
Im 14-Tage-Rhythmus werde die Säcke gedreht und die Austern geschüttelt. Austernzucht beinhaltet viel Handarbeit.
Qualitätsmanagement wird verantwortungsbewusst betrieben. Silvia Padinha öffnet jeweils einen Sack und knackt die äussere Schalenkante rundherum weg, damit die Schale nicht zu unförmig wächst und die Auster zum Schluss nicht mehr Schale als Muschelfleisch auf die Waage bringt. Die Austernzüchterin öffnet jeweils eine Auster und prüft die Qualität.
Sie öffnet auch für uns einige Austern. Ganz professionell. Die Flüssigkeit ist glasklar, das Fleisch schneeweiss und der Geruch erinnert an salzige Meeresbrise.
Ich mag keine Austern, ass aber ein Exemplar aus Höflichkeit und weil ich auf Reisen immer lokale Nahrungsmittel koste – auch wenn ich manchmal grossen Anlauf nehmen muss. Das gehört zum professionellen Reisejournalismus.
Das Fleisch der Auster war alles andere als schlabbrig, sondern mit festem Biss. Ein Meereskuss für Zunge und Magen, würden Kenner sagen. Ich aber liess es bei einer Auster bleiben und hatte noch Stunden das Gefühl, das Tier würde sich in meinem Magen drehen und wenden. Aber sie blieb drin.
So erfolgreich die Austernzucht hier auch ist, die Inselbewohner müssen auch in Zukunft weiter wachsam bleiben.
Beispielsweise reichte ein auf dem Festland ansässiges Muschelzuchtunternehmen bei der Behörde DGRM ein Gesuch ein und bewarb sich für die Pacht- und Nutzungslizenz für Austernzucht in einem als Schutzzone für Schalentiere deklarierten Gebiet. Das Areal war nicht ausgewiesen für wirtschaftliche Nutzung. Und die Lizenz bezog sich auf eine zehn Hektar grosse Fläche für die Dauer von 25 Jahren, während die Muschelbauern von Culatra ihr Nutzungsrecht alle zehn Jahre erneuern müssen und die Fläche höchstens 5000 Quadratmeter messen darf. Offensichtlich wollte die zuständige Genehmigungsbehörde das Projekt vor der Öffentlichkeit verheimlichen. Politik wird weltweit gleich “gehandhabt”.
Silvia Padinha zog alle Register, lobbyierte und machte mit der Gewerkschaft der Fischer intensiv Medienarbeit. Schliesslich wurde das Projekt von den beiden
führenden Institutionen für Naturschutz, ICNF und APA, geprüft – und vor einem Jahr rigoros abgelehnt. Die Fischer von Culatra konnten wieder aufatmen.
Damit die Symbiose zwischen Meer und Mensch fortlebt, braucht es Diversität und der Mensch muss etwas zurückgeben. Silvia Padinha setzt sich deswegen unermüdlich für Umweltschutz und konsequente Müllreduktion auf der Insel ein. Auf Culatra leben rund 1000 Menschen, Immobilien werden in den Familien weitervererbt. Es ist fast unmöglich, sich ein Ferienhaus zu erwerben oder in Massentourismus zu investieren.
Man muss dazulernen, ist die Umweltaktivistin überzeugt. Es gilt, allgemeine Entwicklungen proaktiv wahrzunehmen und entsprechend zu handeln. Aufklären sieht sie als ihre Hauptaufgabe: “Nicht wissen ist nicht schlimm. Nicht erkennen und nicht dazulernen wollen kann aber fatal sein.”
Die Insel bildet zusammen mit den benachbarten Inseln eine lediglich durch wenige Kanäle oder Priele unterbrochene Inselkette, die einen natürlichen Schutz der zwischen den Inseln und dem Festland gelegenen Lagune bildet. Irgendwie bröckelt das Festland in eine Insellandschaft.
Die Inselbewohner generieren das Haupteinkommen nicht aus dem Tourismus, es gibt einen Tante Emma Laden, ein bodenständiges Restaurant mit Fischgerichten und eine Kneipe. Ich weiss jetzt, dass Super Bock eine Biermarke ist.
Im Restaurant isst man fangfrischen Fisch, Oliven und Salat und trinkt einen kühlen Weisswein aus der Region.
Petermännchen schmecken lecker – sie sind aber lebend weniger schmackhaft. Die Flossenstacheln der ersten Rückenflosse und ein Stachel auf dem Kiemendeckel sind giftig. Durch ihre Giftigkeit und die Gewohnheit, sich in Strandnähe in Sand oder Schlamm einzugraben, stellen einige Arten eine Gefahr für Badegäste dar.
Sie zählen zu den gefährlichsten europäischen Gifttieren.
Da die Infrastruktur nicht hauptsächlich auf Touristen ausgerichtet ist, besuchen eher Tagestouristen die Insel mit den traumhaften Badestränden.
Das Festland mit seinen Touristenhochburgen ist nur drei Kilometer Luftlinie entfernt.
Man gelangt vom Festland von Olhão mit der Fähre innert 30 bis 45 Minuten zum Hafen von Culatra – oder schneller mit einem Wassertaxi.
Hier gibt es im Hafen Fischerboote…
und eine Menge Möwen.
Sie gehören zu Fischerhäfen.
Die Kakophonie ihrer Schreie ist der Sound der Insel. Das Festland scheint nah – und doch ist die Insel eine total andere Welt.
Ein solches Boot garantiert das Auskommen für eine Familie.
Im Hafen ist das Wasser klar und man kann Fische und ihre Schatten gleich an der Hafenmauer beobachten.
Fischer flicken ihre Netze – fast so, wie vor tausend Jahren.
Idealerweise verschwinden in Zukunft auch diese Plastiknetze.
Auf der ganzen Insel motivieren Behälter in Fischform zum umweltgerechten Entsorgen.
Auch am Strand leuchten farbige Tonnendeckel. Entsorgen – und gleich richtig.
Im Dorf, in den bewässerten “Gärten” der Häuser, findet man einige Bäume…
und Blumen.
Mit etwas Glück kommt man vielleicht bei Fischern unter – es muss wunderschön sein, nachts auf der Insel, fernab der Touristenhotspots.
Ansonsten ist die Insel steppen-ähnlich.
Diese Pflanze kann man essen, sie schmeckt nach Meersalz.
Eine einzige, meist unbefestigte Strasse führt vom Hafen über die sieben Kilometer lange Insel zu den Stränden an der Westküste. Autos sucht man vergebens.
Das älteste Haus zeigt, wie klein die Leute früher waren und wie karg ihr Leben war.
Die Bewohner stellen ihre Häuser unter den Schutz von Heiligen.
Dier Hauptstrasse mündet in einen Holzsteg, der zum Strand führt.
Wie es hier in den Sommermonaten aussieht, will ich lieber nicht wissen. Portugal ist für mich ein Reiseland für den Winter.
Culatra ist für mich ein Mikrokosmos, der zukunftsweisend ist. Dafür braucht es Menschen wie Silvia Padinha, Menschen wie die Fischer von Culatra.
Unser persönliches Wohl
ist eng verknüpft
mit dem Wohl unserer Umwelt.
Dalai Lama
Informationen
Algarve
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Cycling & Walking Algarve
Dank
Ich danke Fremdenverkehrsamt der Algarve und dessen Vertretung Lina Leite und Sabine Schmidberger.
Super gemacht hat es Diana Nunes. Sie versteht es, Ihre Heimat kompetent und unkompliziert zu vermitteln. Sie ist eine geniale Reisführerin.
Mein Dank geht auch an Ellen von Patotra. Mit ihr habe ich schon Marokko bereist und hoffe auf weitere gemeinsame Reisen.
Hoteltipp
Hotel Vila Monte
Musik
Fado Musik
Fado
Fado – Marta Pereira da Costa & Pedro Pinhal
Rosi
Die Fotos sind wunderschön!!!
Und Dein Bericht hab ich sehr gerne gelesen! Besten Dank, für das mich Mitnehmen in die Ferne! Ich konnte das Meer riechen und die Wärme spüren.
Petra Borner
Wir sitzen hinten im Maggiatal beim Kaffee und haben deinen wunderbaren Artikel mit Begeisterung gelesen! Hier kommt die Sonne bald und deine Bilder aus Portugal haben Sehnsüchte geweckt!
Alles Gute zum neuen Jahr –
viel Zuversicht, Hoffnung und Vertrauen!
Wünschen Petra und Berni
Dori
Vielen herzlichen Dank für den spannenden Blog und die wunderbaren Bilder durch’s ganze Jahr!
Auch Ihnen alles Gute und Schöne zum neuen Jahr.
Dori
Maja
Vielen Dank für deine interessanten und anregenden Impressionen . Es sind dies kleine Auszeiten das ganze Jahr über. Deine liebevoll erstellten Blogs ermöglichen uns farbige Einblicke in neue Welten. Ich geniesse diese Leichtigkeit des Reisens! Ganz entspannt darf man alt bekannte und neue Regionen besuchen und Land, Leute und Traditionen kennen lernen.
Alles Liebe und Gute dir und deiner Familie im neuen Jahr!
Herzlich, Maja
Élisabeth
Dank deinem Beitrag über Olhao, liebe Regula, haben wir einen wunderschönen Entdeckungstag erlebt… weit weg von Turisten. Die Portugesen sind unheimlich freundlich… Danke!
Élisabeth
Dank deinem Beitrag über Olhao, liebe Regula, haben wir einen wunderschönen Entdeckungstag erlebt… weit weg von Turisten, auf dem Catula Insel. Und die Portugesen sind unheimlich freundlich… Danke!