Weihnachtsmärkte gibt es überall – doch man meidet grosse Menschenansammlungen im Moment lieber. Ein Ausflug nach Lausanne ist aber trotzdem – oder erst recht – zu empfehlen.
Im Dezember wird Lausanne zur bunten Lichterstadt. Mit einem Abendspaziergang lernt man die Stadt besser kennen und kann die Schauplätze der illuminierten Gebäude “abwandern”.
Mit den XXL-Projektionen findet das Projekt “Lausanne Lumières” bereits zum zehnten Mal statt.
Die exklusiv für das Festival kreierten Kunstwerke von rund 20 Lichtkünstlern erstrahlen auf neun bekannten Gebäuden der Stadt. Jeden Abend von 18.30 Uhr bis Mitternacht werden die schönsten Fassaden im Stadtzentrum in dynamische, farbenfrohe Lichtkunstwerke verwandelt.
Lichtprojektionen 2021:
– Palais de Rumine
– La Cathédrale de Lausanne
– Retraites Populaires
– Place Benjamin-Constant
– UBS Agence – Lausanne Saint-François 16
– Maison Mercier
– Tour de Bel-Air
– Place de la Louve
– Swisstech Convention Center – EPFL
Am besten beginnt man den Spaziergang bei der Kathedrale (2).
Das Portal beim Turm, wo die Guette die Stunden ausruft, ist auch ohne “Lichtbeschallung” genaues Betrachten wert.
Patrice Warrener, ein französischer Lichtkünstler, verwandelt das «Portal Montfalcon» mit seinem Chromolithe Polychromatic Illumination System. Er hat in den letzten fünfzehn Jahren mehr als 60 Chromolithe-Installationen in vielen Städten dieser Welt geschaffen, unter anderem die Beleuchtung der Westminster Abbey, der Opéra Garnier in Paris und des Theaters in Lyon.
Bereits 2019 gestaltete er das Portal mit einer einzigen Farbgebung. Er steigerte die Installation im Jahr 2020 auf über 10 verschiedene Farbgebungen, die einen Monat lang täglich aufeinander folgten.
Dieses Jahr präsentiert er sein Werk “Montfalcon”, eine Abfolge von 13 Farbgebungen, die innerhalb von nur wenigen Minuten nacheinander projiziert werden und die, begleitet von gregorianischen Gesängen, eine sakrale Atmosphäre schaffen.
Das Westportal stammt aus den Jahren 1515-1532. Sein reicher Figurenschmuck musste im 20. Jh. vollständig erneuert werden.
Nächste Station ist das Palais de Rumine an der Place de la Riponne. Das Gebäude wurde von 1898 bis 1906 im Stil der Florentiner Renaissance erbaut und gehört zum Inventar der Kulturgüter von nationaler Bedeutung.
Es diente als Hauptgebäude der Universität Lausanne, heute beherbergt es fünf Museen und einen Teil der Kantons- und Universitätsbibliothek Lausanne.
Die Projektion des Berliner Künstlers Daniel Margraf ist eine bewegungslose, vielfarbige Farbgebung der Gebäudes und des Platzes davor.
Zehn riesige Projektoren erzeugen die gewaltige Wirkung.
Als wir dort waren, fand eine Frauenrechtsdemonstration statt. Frauen mit Fackeln hielten vor dem Eingang über dem Platz laute Reden und die Zuschauerinnen brüllten ihre Zustimmung mitten in die vielen Farben. Eine archaische Athmosphäre, zusammen mit den wilden Tieren, die man auf der beleuchteten Fassade ausmachen kann.
Ganz anders war die Atmosphäre bei dem Gebäude der UBS gegenüber der Kirche St. François. Auf die wenig spektakuläre Fassade des Bankhauses werden unter dem Titel “Die Sternennacht” eine Serie von Dias mit Werken von Vincent Van Gogh projiziert.
Diese Installation ist das Ergebnis einer Zusammenarbeit zwischen dem Festival Lausanne Lumières und der berühmten Multimedia-Ausstellung “VAN GOGH ALIVE”, die bis zum 20. Februar 2022 in Lausanne zu sehen ist.
Geschaffen hat diese Illumination ein Team aus zehn Künstlern, genannt MP-STUDIO, mit Sitz in Sofia.
Unter dem Titel “Big Pac” beherbergt die neogotische Fassade des Maison Mercier in diesem Jahr die grösste Arcade-Station der Welt. Der auf der Grand Pont installierte Joystick ermöglicht es jedem, die Kontrolle über den berühmten gelben Ball zu übernehmen und sich in die Pixel- und Vintage-Welt der Videospielgeschichte zu begeben.
Hier schaukeln Kinder und erzeugen damit Lichtbewegungen. Im weitesten Sinn wie der Stern von Bethlehem. Die Installation nennt sich “Kometen”. Rund 4 352 Kometen sind wissenschaftlich registriert. Die kleinen Himmelskörper erhellen die Nächte durch ihren farbigen Schweif, der sich durch die Emission von Plasma und Staub bildet, wenn sie sich einem Stern nähern.
Weitere Gebäude gilt es jetzt selbst zu entdecken.
Beim Spaziergang zu den verschiedenen Installationen kommt man an Weihnachtsmärkten vorbei. Hier bei der Kirche Saint François.
Die Strassen sind mit Schneesternen dekoriert.
Lausanne ist auf drei Hügeln erbaut. Es geht also entweder hinauf oder hinunter. Man sagt, Die Lausanner hätten die muskulösesten Beine, weil sie laufend Höhenmeter sammeln.
Durch die Niveauunterschiede schaut man entweder zu einer Brücke hoch, oder von einer Brücke hinunter und kann das adventliche Treiben beobachten.
Oftmals wirken solche Fotos wie Kunst.
Wenn man unterwegs friert, kann man sich im Kantonalen Kunstmuseum MCBA beim Bahnhof aufwärmen.
Hier ist auf dem Gebiet des alten Güterbahnhofs ein Museumsquartier am Entstehen, Architektur und Ausstellung überzeugen.
Irgendwie erinnerte mich im Museum dieses Bild von Oskar Kokoschka an Weihnachten.
Im Licht kann man kein Dunkel sehen.
Im Dunkeln aber Licht.
A. Michael Bussek
Informationen
Lausanne Lumières
Lausanne
Genferseegebiet
Van Gogh Alive / Ausstellung
Kantonales Kunstmuseum Lausanne MCBA
Jeden Donnerstag und Samstag bis Weihnachten kann man an einer kostenlosen Führung teilnehmen. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich. Die Besuche finden ausschliesslich im Freien statt, so dass das Covid-Zertifikat nicht erforderlich ist.
Treffen: 18:30 Uhr am Brunnen auf dem Place de la Riponne. Schluss: Am selben Ort gegen 19:45 Uhr. Anfragen für private Führungen sind an info@lausannelumieres.ch zu richten. Vielleicht eine Idee für ein Erlebnis zusammen mit Freunden.
Musik
Clair de Lune
Mondscheinsonate
Der Mond ist aufgegangen
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