Mayerling und Heiligenkreuz

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Österreich ist generell «klöster-reich».

Von Baden bei Wien aus kann man beispielsweise Mayerling und Heiligenkreuz besuchen, beides Klöster mit einer besonderen Geschichte.

Die beiden Klöster liegen nicht weit auseinander, wirken aber sehr unterschiedlich.

A = Mayerling, B = Heiligenkreuz.

Der Ort Mayerling mit rund 270 Einwohnern besteht in erster Linie aus dem Schloss Mayerling, das seit 1889 ein Konvent der Unbeschuhten Karmelitinnen ist.

Im Kloster in Mayerling leben Nonnen, im Kloster Heiligenkreuz Mönche. In beiden Klöstern tragen die Bewohner schwarz-weisse Kleidung. Mayerling hat ein modernes Besucherzentrum, in Heiliegenkreuz liegt der gemütliche „Klostergasthof“ direkt beim Stift.

Die Karmeliterinnen in Mayerling haben heute – anders als das Kloster Heiligenkreuz – grösste Nachwuchsschwierigkeiten.

Dem Ort kommt besondere Beachtung zu, weil am 30. Januar 1889 der österreichische Thronfolger Rudolf von Habsburg und seine junge Geliebte Mary Vetsera unter heute noch ungeklärten Umständen tot aufgefunden wurden.

Rudolf war der einzige Sohn von Kaiser Franz Joseph I. und Kaiserin Elisabeth, bekannt als Sissi.

Der junge Kronprinz war sensibel und erhielt auf Wunsch des Vaters eine harte militärische Ausbildung. Der Sohn sollte ein guter Soldat, begeisterter Jäger und braver Katholik werden.
Die Erziehungsmethoden waren aus heutiger Sicht brutal. Man liess den kleinen Jungen stundenlang in Regen und Kälte exerzieren, weckte ihn auch gelegentlich mit Pistolenschüssen auf und liess ihn in den Wäldern des Lainzer Tiergartens plötzlich allein, was das Kind in Panik versetzte.

Er unternahm als junger Mann zahlreiche Reisen und schrieb darüber.

Kronprinz Rudolf war ein angesehener Ornithologe. Er malte beispielsweise auch Vögel.

In jungen Jahren soll er sich in ein jüdisches Mädchen verliebt haben, das aber starb. Auf Druck des Kaisers musste Rudolf 1881 die belgische Prinzessin Stephanie heiraten Das Paar hatte eine Tochter. Die Ehe war unglücklich und Rudolf hatte zahlreiche ausserehelichen Beziehungen.

Mit seinem Vater hatte er häufig Konflikte, da er liberale und antiklerikale Ansichten vertrat.


Rudolf litt unter starken Stimmungsschwankungen. Vermutlich nahm er sich das Leben in Schloss Mayerling, nachdem er seine junge Geliebte Mary Vetsera erschossen hatte. Um diesen doppelten Tod ranken noch heute die wildesten Vermutungen.

Zuerst wurde vertuscht, dass die 17-jährige Mary Vetsera zusammen mit dem Kronprinzen den Tod gefunden hatte.

Ihrer Mutter hinterliess sie einen Abschiedsbrief.

Mary schwärmte wie so viele ihrer Altersgenossen für den unglücklichen Prinzen. Ihr kurzes Leben wird im Museum in Mayerling auf einem Fächer dargestellt.

Ihr Tod interessierte aber immer viel mehr als ihr Leben.

Makaber ist die lange Geschichte ihrer Beerdigungen.

Sie wurde mehrfach umgebettet, ihr Grab wurde geplündert.

Rudolfs Vater soll zutiefst getrauert haben.

Das Sterbezimmer liess er in eine Kapelle umbauen.

Die Welt war erschüttert, wie beim Tod von Lady Diana 110 Jahre später. Die ganze Angelegenheit, welche die Geschichte der nächsten Jahre massgeblich beeinflussen sollte, wurde zuerst verschwiegen, dann vertuscht, verfälscht und schliesslich mystifiziert. Die Wahrheit kam nie ans Licht, und es wurde lange geforscht.

Es gibt unzählige literarische Umsetzungen der Geschichte um Rudolfs Tod.
Zudem Verfilmungen. Als Teenager war ich zutiefst beeindruckt von Catherine Deneuve und Omar Sharif im romantischen Film Mayerling.

Heiligenkreuz mit 1500 Einwohnern ist heute bekannt durch das Stift Heiligenkreuz mit der angegliederten Philosophisch-Theologischen Hochschule Benedikt XVI.

Nach dem Besuch von Mayerling ist man betroffen, nachdenklich. Ist es ein Privileg, in eine königliche Familie geboren worden zu sein? Opfer -Täter? Warum berührt diese Geschichte noch immer?

Ganz andere Gefühle und Gedanken tauchen beim Besuch des Stiftes Heiligenkreuz auf.

Der Zisterzienserorden entstand durch Reformen aus der Tradition des Ordens der Benediktiner. Der Ordensvater – aber nicht der Gründer – ist der heilige Bernhard von Clairvaux, 1090-1153.

 

Stift Heiligenkreuz besteht bereits seit 1133. Weitgehend selbständige Abteien mit Nonnen und Abteien mit Mönchen bilden zusammen eine Ordensgemeinschaft.

Jede Abtei des Zisterzienserordens ist grundsätzlich den einheitlichen Statuten des Ordens verpflichtet und ihrem Mutterkloster verantwortlich.

Die Zisterzienser legten von Anbeginn Wert auf einheitliche Bauten, Bräuche und Tagesabläufe in allen Klöstern des Ordens.

Architektonisch gibt es in der grossen Klosteranlage viel zu entdecken.

Hier wird man ruhig, gelassen.

Im Kreuzgang kann man aus verschiedenen Blickwinkeln immer wieder neue Bildkompositionen machen.

Das Licht fällt auf florale Details.

Schnitzereien erzählen Geschichten.

Der Klosterbrunnen lieferte über Jahrhunderte lebenswichtiges Wasser.

Der aus der Carta Caritatis zitierte Satz gilt auch heute noch: Una caritate, una regula similibusque vivamus moribus, „Wir wollen in einer Liebe, unter einer Regel und nach einheitlichen Bräuchen leben“.

Der Kern des Klosterlebens besteht im Chorgebet, in uralten Traditionen und gelebter Spiritualität.

Charakteristisch ist das schwarz-weisse Ordensgewand, das der Überlieferung nach die Gottesmutter Maria persönlich dem 2. Abt von Citeaux, dem hl. Alberich, übergeben hat.

Im Stift Heiligenkreuz leben rund 100 Zisterziensermönche – ein Höchststand seit der Türkenbelagerung 1683.

Sie halten sich an einen strikten Tagesablauf:
Vor 5 Uhr aufstehen, 5.15 Uhr erstes gemeinsames Chorgebet, um ca. 6.20 Uhr die gemeinsam Heilige Messe. Das Chorgebet und die heilige Messe werden in lateinischer Sprache gefeiert.

Danach Frühstück. Von 8 bis 12 Uhr individuelle Aufgaben, “labora”. 12 Uhr beten der Terz und Sext in der Kirche, danach Mittagessen. Anschliessend Prozession, den Psalm 50 rezitierend, zurück in die Kirche, um das Totengedenken zu halten und die Non zu beten.
Danach etwas Freizeit. Von 14 bis 18 Uhr individuelle Aufgaben, beispielsweise unterrichten und Seelsorge in 21 Pfarreien. Also insgesamt 8 Stunden täglich Arbeitszeit.
Um 18 Uhr Vesper, das abendliche Lobgebet der Kirche. Danach Abendessen und etwas Freizeit. Um 19.50 Uhr im Kreuzgang einen Abschnitt aus der Ordensregel hören und anschliessend die Komplet singen. Danach schlafen legen.

Ein Schwerpunkt ist die Hochschule Heiligenkreuz mit rund 300 Studenten, von denen sich drei Viertel auf das Priestertum vorbereiten.
Auch junge Männer aus der Schweiz.

Täglich werden die heilige Messe, die Vesper und die Komplet feierlich gesungen. Der Gregorianische Gesang hat eine lange Tradition bei den Zisterziensern.

Im Juni 2008 war zu lesen: «Seit bald drei Wochen befindet sich das Gregorianik-Album “Chant – Music for Paradise”, gesungen von den Zisterziensern von Stift Heiligenkreuz, Seite an Seite mit Madonna, Neil Diamond, den Osmonds und Scooter in den britischen Charts. Vorige Woche war der Überraschungserfolg sogar auf dem siebten Platz, in den österreichischen Album-Charts hält er sich seit zwei Wochen auf Platz eins.»

Im Klosterladen kann man neben vielen anderen Produkten wie Mehl auch Bücher, Geschenkartikel und Musik-CDs kaufen.

Im Klosterhof erinnert eine Pestsäule an Seuchenzeiten. Wie vielerorts in Österreich.

Beispielsweise in Baden bei Wien. Und heute? Covid?

Die jahrhundertealten Stifte und Klöster sind Orte der Besinnung – die meisten liegen inmitten schönster Natur und sind auch deshalb gern besuchte Kraftorte.

Die Stifte sind über das ganze Land verteilt. Jedes einzelne Bauwerk ist ein Juwel der Baukunst – mit beeindruckenden Bibliotheken, Marmorsälen oder Museen.  Ich habe beispielsweise das Stift Melk und das Stift Göttweig in der Wachau besucht. Begeistert war ich vom Stift Altenburg im Waldviertel, meiner Lieblingsregion in Österreich.

Informationen
Baden bei Wien
Klöster in Österreich, Klöster-reich
Mayerling
Heiligenkreuz
Die beiden Klöster befinden sich in der Region Wienerwald
Stifte in Österreich
Stift Altenburg

Dank
Ich danke Martina Prischmann und Klaus Lorenz von der GG Tourismus der Stadtgemeinde Baden. Die Begleitung durch Tourismusdirektor Klaus Lorenz in die beiden Klöster habe ich wegen der guten Gespräche besonders geschätzt.
Wie immer, wenn es Richtung Österreich geht, darf ich auf die Unterstützung von Daniel Predota von Österreich Werbung zählen: DANKE Daniel!

Musik
Udo Jürgens Mayerling
Mayerlingwalzer aus dem Musical “Elisabeth”
Rudolf Musical
Ballett Mayerling Igor Stravinsky
Chant for Piece The Cistercian Monks of Stift Heiligenkreuz und Timna Brauer Gregorianischer Gesang in Heiligenkreuz

Fernsehsendung zum Doppelselbstmord
Film Der Kronprinz 1989Makaber: Mary Vetsera wurde mehrmals begraben

Buchtipps
Das Mayerling-Netz
„Dr. Rudolf Novak gilt in Fachkreisen nicht nur als Kronprinz-Rudolf-Sammler, der im Ausland verstreute Objekte wieder nach Österreich zurückgeholt hat, sondern auch als ausgewiesener Spezialist für dieses Thema, was er in zahlreichen Vorträgen vor kompetentem Publikum bewiesen hat. Die Arbeit an diesem Werk nahm viele Jahre in Anspruch.“

Das Original-Mayerling Protokoll
Ein Zeugnis, das wenige Wochen nach der Tragödie diktiert wurde: die »Denkschrift« von Marys Mutter, Helene Vetsera. Auf 148 Seiten, die hier erstmals im handschriftlichen Original und transkribiert wiedergegeben werden, macht sie deutlich, dass ihre Tochter nicht, wie vom Kaiserhaus verbreitet, Täterin, sondern Opfer war. Sie enthüllt zahlreiche Details der Vorgeschichte sowie die letzten Briefe Marys: »Ich konnte der Liebe nicht widerstehen.«

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Ölands Mühlen, Kirchen und Leuchttürme

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  1. ritanna

    „Jeder kann knipsen. Auch ein Automat. Aber nicht jeder kann beobachten. Fotografieren ist nur insofern Kunst, als sich seiner die Kunst des Beobachtens bedient. Beobachten ist ein elementar dichterischer Vorgang. Auch die Wirklichkeit muss geformt werden, will man sie zum Sprechen bringen.

    Friederich dürrenmatt
    Und Du Regula bringst mit Beobachtungsgabe die Bilder ins Leben.

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