Messing-Kerzenständer

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Vor vielen Jahren habe ich Messingkerzenständer gesammelt.

Und wie das so ist mit den Sammelleidenschaften: Sie vergehen wie eine Kinderkrankheit – und neue Objekte der Begierde rücken ins Zentrum.

Kerzenständer gehören in die Zeit, als ich Salzteigfiguren und Gewürzsträusschen bastelte, Bauernmöbel liebte und Setzkästen und Biedermeier toll fand.

Lange habe ich Hausbüchsen gesammelt. Nun sind es Champagnergläser. Die Kerzenständer aber ruhten – wie so vieles – in meinem Keller.

Im Keller lagern auch die Guetsliförmchen. Ich habe viele, backe aber nicht oft. Weihnachtsguetsli können andere viel besser backen. Also hängte ich meine Ausstechförmchen an eine Krone, mit dem Wunsch, sie möge mit den klimpernden Förmchen leise wie fallender Schnee klingen. Ich weiss, dass Schnee nicht klingt, aber ich stelle mir das so vor. Klingende Schneeflocken!

Nun hatte ich ja mal Physik in der Schule – auch wenn ich nicht wirklich erfolgreich war in diesem Fach. Bei der Maturaprüfung musste ich den Fernseher erklären und erzählte so viel Kluges über Sägezahnspannung, dass ich doch noch mit “genügend” abschloss. Wer weiss, was Sägezahnspannung mit dem Fernseher zu tun hat????
Und da will man den Kindern weismachen, man lerne in der Schule fürs Leben!

Aber so viel ist mir von der Physik geblieben: Kerzen erwärmen die Luft, die dann wabernd aufsteigt. Logisch! Sie sollte meine Ausstechförmchen zum Klingen bringen – so dass man meint, fallenden Schnee zu hören.

Ich holte also meine Kerzenständer aus dem Keller.  Sie waren völlig verschmutzt und es steckten Kerzenreste drin.
Also füllte ich das Backblech mit gut saugendem Papier, türmte meine Kerzenständer drauf und buk sie bei 80 Grad. Danach waren die Papierschichten voller Wachs und in den Kerzenständern drin fand ich nur noch alte Dochte. Aber sie waren nicht weniger schmutzig.

Nun machte ich mich ans Putzen – wovon ich schnell genug hatte und beschloss, nicht glänzende, sondern antike Kerzenständer zu besitzen.

Ich stellte nun einige Kerzenständer unter die Guetsliförmchen.

Und wartete.

Und wartete.

Und tatsächlich bewegten sich die Förmchen ein klein wenig in der nach oben abziehenden, warmen Luft.

Ein wenig.

Sehr wenig.

Nichts klang wie singende Schneeflocken.

 

 

Ich experimentierte, wurde neugierig, was die Technik von meinen Wünschen nach sanft klingendem Schnee erreichen würde.

 

 

So hatte ich mir das aber nicht vorgestellt.

 

 

Schliesslich klappte es! Nicht die Physik machte es möglich, sondern Marian, die bewaffnet mit dem langstieligen Spaghettilöffel oben an der Aufhängung ruckelte. Dazu hockte sie sich auf die Treppe und machte sich Richtung Förmcheninstallation lang, während ich eine Stufe tiefer hockend und total verdreht versuchte, mit dem Handy zu filmen.

Hätte jemand zum Fenster reingeschaut, hätte er gedacht: “Die spinnen!” Selbstverständlich mussten wir laut lachen.

Experiment gelungen, die Förmchen klangen wie fallender Schnee, wenn auch nicht aufgrund des erwarteten physikalischen Phänomens, sondern weil wir unsere Erwartungen runtergeschraubt und die Grenzen des “Erlaubten” überhüpft hatten.

Voller Neugier experimentieren macht Spass!!! Das sollte man sich aus der Kindheit unbedingt im Rucksack für die Reise durchs Erwachsenenleben mitnehmen.

Solange man neugierig ist,
kann einem das Alter nichts anhaben.

Burt Lancaster

Adventskalender, 11. Dezember 2019
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Geschichte
Die Neugier der Engel

Musik
Schneeflockenwalzer
Relaxing Harry Potter Winter/Christmas Music

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Schnelle Wurstweggen

  1. Mary

    War lustig und es ist schön Dir beim Experimentieren zuzuschauen 🙂

    • Regula Zellweger

      Du hast NICHT nur zugeschaut. Danke, dass Du meine schrägen Ideen immer wieder tatkräftig unterstützt! Und mit mir lachen kannst!

  2. Susi

    Welch klang- und lustvolle Erheiterung hinein in den grauen Tag! Ich bewundere nicht nur deine höchst originellen Einfälle, sondern auch die dir eigene Zähigkeit, lose Dinge mit viel Einsatz und Dramatik zum grossen Ganzen zusammen zu fügen. Teatro Zellwegero puro!
    Mein Heute ist gerettet – bereits freue ich mich auf das Türchen von morgen!

  3. Lis Rohner

    Deine Geschichte macht Spass! Beim durch Hand hervorgebrachten Ertönen der Guetzliformen stellte ich mir eine Kutschenfahrt durch frisch verschneite Winterlandschaft vor.
    Danke dir für dieses Adventsfenster, Regula.

    • Regula Zellweger

      Danke Lis, für Deinen schönen Kommentar. Ich freue mich sehr, wenn ich bei anderen Erinnerungen, Stimmungen, Bilder, Gefühle auslösen kann – und wenn sich jemand die Zeit und Musse gönnt, differenziert und gleichzeitig ganzheitlich zu erleben.

  4. Rita

    Deine Kreativität fasziniert mich immer wieder! Herzlichen Dank für die coolen Tipps.

  5. Anne

    Super, liebe Regula!
    Ich mag vor allem, dass du nie aufgibst 🙂
    Und deine Kinder dich unterstützen. Ich wohne ja leider zu weit weg – aber in Gedanken helfe ich schütteln – vielleicht ja alles nächstes Betten, für mehr Schnee zu Weihnachten

  6. Katharina Forster

    Du hast immer so originelle lustige Ideen …..
    Danke

  7. Ruth

    So eine lustige Idee! Als nächstes könntest du mit Sprätzlini ein Mobile bauen und zu deinem Guetsli-Leuchter hängen. D’Sprätzlini kasch emprännu – natiirli mit enar Chärza, wad selbär gigossä hesch ;-)) . Dü bringsch mich da uf allerhand Ideeä…

    Übrigens: Sprätzlini = Walliserdialekt für Wunderkerzen, diese schwarzen langen Stäbchen, die so wunderschön Feuer “sprätzlinund”. En herzliche Grüäss, liebi Regula.

  8. Josua Dürst

    Genial in Sprache und Bilder umgesetzt Deine hübsche Geschichte

  9. Regula Zellweger

    Oh, wie ich ihn geniesse, Deinen Dialekt, liebe Ruth. Ich war Monate nicht mehr in meinem Chalet in Bellwald.
    Sprätzlini ist doch so viel schöner als Wunderkerzen! Man sieht im Wort drin die Funken spritzen!
    Aber dass Du als wunderbare Marketing- und PR-Frau wunderschöne Funken sprühst, die Feuer entfachen, wissen alle, die je mit Dir zu tun hatten! Empfehlung für professionelles Marketing: https://www.ofner.ch/deu/agentur-27986.shtml

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