Gartenschere und Gabel

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2. Mai 2020

Ideen für die Cocooning-Zeit

Reisen bedeutet für mich Austausch mit Menschen, die Leidenschaft für ihre Arbeit haben. Menschen, die sich in einem Themenbereich zu Spezialisten entwickelt haben, weil sie ihre Interessen ausreizen, alles erfahren und wissen wollen. Und die ihre Werte leben und sie nicht dem Mainstream oder der Profitgier opfern.

Bruno Pellegrin in Südfrankreich ist ein solcher Mensch. Sein Paradies “Sécateur & Fourchette”, Gartenschere und Gabel, ist eine Baumschule und Gärtnerei mit ausschliesslich essbaren Pflanzen. Ich habe ihn mit Elisabeth besucht, die zum Glück bilingue ist.

“Sécateur & Fourchette” bietet eine breite Palette von Pflanzen für Obst-, Kräuter- und Gemüsegärten. Über 300 Sorten hat Bruno Pellegrin aufgrund ihrer Geschmacksqualitäten ausgewählt und präsentiert sie in seinen Gewächshäusern: Gemüse, aromatische Pflanzen, traditionelle Obstbäume, mediterrane Obstbäume, exotische Obstbäume, Olivenpflanzen, Zitrusfrüchte, Beeren, essbare Blumen.

Elisabeth hat ein Haus mit grossem Umschwung in Sanary-sur-mer, mit einem alten Olivenbaumbestand und vielen Zitrusbäumen. Sie hatte eine Unmenge Fragen – ich verstand meistens Bahnhof, denn Bio-Französisch ist alles andere als meine Kernkompetenz.

Um es gleich vorwegzunehmen, sie hat eine Szechuan Pfefferpflanze gekauft – und ich kann jetzt dahin gehen, wo der Pfeffer wächst, wenn ich sie besuche.

Das “paradis de Monsieur Pellegrin” ist in der Pampa bei Hyères, zwischen Toulon und Nizza.

Ein Wohnwagen beinhaltet die administrative Infrastruktur.

Gewächshaus reiht sich an Gewächshaus.

Gleich bei der Einfahrt betrachtet man die vielen faszinierenden Arten von Kräutern.

Bruno Pellegrin lässt uns Blätter und Blüten beschnuppern und kosten.
Das Blatt, das nach Fisch schmeckte, war wirklich abartig.
Andere sind schlicht erstaunlich. Ich kann visuelle Sinneseindrücke relativ gut definieren. Beim Beschreiben, was Geschmack- und Geruchsinn vermitteln, habe ich meine Grenzen bereits beim Jobben in einer Weinhandlung gespürt. “Er schmeckt nach rotem, staubigem Plüschsofa”, durfte ich der Kundschaft nicht mehr sagen. Aber genau so wirkte dieser Wein beim Kosten.

Bruno Pellegrin ist ein Sammler und ein überzeugter Umweltschützer. Und ein Pellegrino, ein Pilger. Er sucht auf der ganzen Welt nach Pflanzenraritäten.

Sein Credo ist die Erhaltung und Förderung botanischer und sortenreiner mediterraner Kräuter-, Obst- und Gemüsepflanzen. Also alles, was Wurzeln hat und essbar ist. Zudem vermittelt er im direkten Kontakt mit der Kundschaft und in Kursen sein immenses Fachwissen.

Die Gärtnerei ist also nicht nur ein Ort, wo Pflanzen vermehrt, angebaut und gehandelt werden. Sie ist ein Begegnungsort. Insbesondere engagiert sich Bruno Pellegrin für junge Menschen, die bei ihm ein Praktikum machen – oder sonst gern in der Gärtnerei arbeiten und wohnen. Auch ihnen gibt er sein Wissen weiter.

“Denn es gibt junge Menschen, die sich entschieden haben, das Wesentliche zu leben und sich nicht der Konsumgesellschaft zu unterwerfen. Deshalb versuchen wir auf unsere bescheidene Art und Weise, Projekte wie ‘Carrot & Cocotte‘ zu unterstützen.”  Carrot & Cocotte: Zwei junge Frauen betreiben einen speziellen Bauernhof mit Bio-Hühnern und vielen Arten von Sprossen – und setzen ihre Werte konsequent um.

Beim Betrachten der Pflanzen möchte man am liebsten das ganze Auto füllen.

So wie es hier Tomaten und Himbeeren in unterschiedlichsten Farben gibt, kann man auch weisse und orange Erdbeeren kaufen.

Diese Himbeere ist etwas ganz Besonderes und kommt der Geier weiss woher.
Ich habe es, nachdem ich es auf Französisch nicht verstanden habe, vergessen. 🙂 Aber es machte Spass und Elisabeth parlierte botanisch perfekt.

Zwischendurch bin ich ganz stolz: Das sind gelbe Himbeeren!

Erstaunlich, wie unterschiedlich die Blattformen und -farben sind!

Es gibt hier über 200 Sorten Zitrusfrüchte.

Und sogar Safran. Elisabeth, die halb in Südfrankreich und halb im Wallis in der Nähe des Safrandorfes Mund wohnt, hat versucht, in Sanary Safran zu kultivieren.

Warum ich in meiner Cocooning-Zeit bei Hausarrest an Bruno Pellegrin denke?
Weil ich von ihm gelernt habe, Pflanzen mit allen Sinnen wahrzunehmen. Ich freue mich jetzt schon, bis die Märkte wieder durchgeführt werden dürfen. Dann werde ich am Samstagmorgen nach Luzern fahren und Pflanzen schnuppern und Blätter kosten. Und kein Asiate wird mir seine Handy-Selfie-Stange ins Gesicht strecken, ich werde ohne Gedränge über die Holzbrücken kommen – Luzern wird von den Luzernern zurückerobert sein.

Wir hatten bestimmt eine Überdosis Chlorophyll nach dem Besuch bei Bruno Pellegrin. Ich werde seine Gärtnerei wieder besuchen und auch die anderen Gärten im Departement Var.

Paradiesgärtner pflanzen
Heiterkeitsbäume, Freudensträucher
Lachobst und Tanzgemüse

Alfred Selacher

Dank
Ich danke Elisabeth für ihre Gastfreundschaft. Mein Dank geht auch an Michel Caraisco und sein Team von “Visit Var”, der uns seine Region immer wieder mit viel Herzblut näher bringt.

Informationen
Sécateur & Fourchette
Visit Var

Musik
Gounod – Funeral March of a Marionette

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Carpaccio di Bresaola

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Steine für Fremde

  1. Elisabeth

    Danke Regula! Dein Beitrag finde ich sinn- und lustvoll erfasst!
    In dieser Zeit hat er sicher stark gelitten!
    Liebe grüße

  2. Susanne Zürn-Seiller

    Liebe Regula,
    herzlichen Dank für Deine herrliche Reportage. Die Adresse von Bruno Pellegrin habe ich mir notiert und ich bin schon am Überlegen, an welcher Stelle ich in meinem kleinen Garten wohl noch eine Pflanze unterbringen könnte.
    Viele Grüße aus Südfrankreich,
    Susanne

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