Ressourcen

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26. April 2020

Ideen für die Cocooning-Zeit

Ab morgen lockert der Bundesrat erstmals die Massnahmen zum Schutz der Bevölkerung. Noch gilt aber die Anweisung: Zuhause bleiben. Für mich ändert beispielsweise noch nichts und die Schulen bleiben bis am 11. Mai geschlossen.

Wir werden also unsere Ressourcen optimal nutzen müssen, um weiterhin zufrieden zu bleiben. Eine wichtige Ressource ist die Natur, deshalb schiebe ich Fotos von einem Morgenspaziergang an der nahen Reuss zwischen meine Gedanken.

Zuhause bleiben. Auf sich selbst geworfen sein. Darunter kann man leiden oder es als Chance sehen. Im hektischen Alltag vergisst man zu oft, welch breite Palette von Wahlmöglichkeiten für eine ressourcenorientierte Lebensgestaltung zur Verfügung stehen. Ziel soll Zufriedenheit sein – im Rahmen der aktuellen Gegebenheiten.

«Grosse Notfälle und Krisen zeigen uns, um wie viel grösser unsere vitalen Ressourcen sind als wir selbst annahmen», schrieb der amerikanische Psychologe William James bereits im vorletzten Jahrhundert.

«Ressourcen» ist ein Begriff, der vieles umfasst. Ressource bedeutet Quelle, Mittel. Generell unterscheiden kann man in materielle und immaterielle Ressourcen. In der Volkswirtschaftslehre subsumiert man unter Ressourcen Produktion und Kapital, aber auch natürliche Ressourcen wie Land, Bodenschätze, natürliche Rohstoffe sowie gesellschaftliche Produktionsfaktoren wie Bildung und Motivation der Mitarbeitenden und Forschung.

In der Psychologie zählt man Fähigkeiten und Kompetenzen, Persönlichkeitsaspekte, persönliche Werte sowie das individuelle Welt- und Menschenbild dazu und in der Soziologie Bildung, Gesundheit, Prestige und soziale Vernetzung. Hier lässt sich das Wort Ressourcen am ehesten mit «persönlichen Stärken» übersetzen.

Für die ganze Menschheit sind die Umwelt und die Natur die wichtigsten Ressourcen. In Krisenzeiten werden Ressourcen bewusst. Die Natur hat die in den letzten Wochen aufgeatmet. An uns ist es jetzt, daraus für die Zukunft Schlüsse zu ziehen und nicht wieder in alte Muster zu fallen.

Dass die Schweiz über überdurchschnittliche materielle Ressourcen verfügt, ist oft zu wenig bewusst. In Krisenzeiten soll darauf geachtet werden, dass sie gerecht verteilt sind. «Gerecht» zu definieren, ist schwierig. Für den Einzelnen aber kann es bedeuten, dass man Dankbarkeit empfindet für das, was man hat.

Viele haben einen Garten, eine Terrasse oder einen Balkon – deren Wert schätzt man besonders, wenn der Bewegungsradius eingeschränkt ist.

Dass finanzielle Ressourcen in der Krise existenzbedrohend fehlen können, dass drohender Arbeitsplatzverlust Angst und Sorgen verursachen, darf nicht verharmlost werden. Hier sollen Ressourcen wie «Gemeinschaft» und «soziale Vernetzung» zum Einsatz kommen.

Dass das Denken, Fühlen und Handeln in Krisenzeiten defizitorientiert sein kann, ist verständlich – bringt aber nichts. Jammern verändert die Befindlichkeit nicht positiv. Ressourcenorientiert den Alltag auch im Rahmen von eingeschränkten Möglichkeiten bewusst und lustvoll zu gestalten bringt die Wirkung, die wir eigentlich erreichen wollen: Lebenszufriedenheit.

Sich in diesen «Ressourcen-Modus» versetzen kann man beispielsweise mit einem leeren Buch oder Heft, auf dessen Umschlag steht: Freuden – Ausgrabungen – Entdeckungen. Freude: Möglichst jeden Tag notiert man, was einen an diesem Tag gefreut hat.

Ausgrabungen: So oft wie möglich hält man fest, welche Ressourcen man vergessen, nun aber wiederentdeckt hat. Beispielsweise: Früher hat mir das Skizzieren im Freien Freude bereitet – ich probiere es wieder. Früher habe ich Brot selbst gebacken – das tue ich jetzt. Früher habe ich gern Märchen aus anderen Kulturen gelesen – als eine Art Reisen im Kopf. Jetzt suche ich welche im Internet. Früher wollte ich ein Rezeptbuch für meine Nachkommen schreiben – jetzt habe ich Zeit dazu.

Entdeckungen: In diesem Tagebuch werden neben Freuden und Ausgrabungen auch Entdeckungen festgehalten. Beispiele: Ich wusste nicht, dass ich singen kann, heute beim Staubsaugen habe ich laut zu Musik gesungen – es hat gar nicht so schlecht geklungen. Nun suche ich einen Chor, bei dem ich mitwirken kann, wenn sich das Leben wieder normalisiert hat. Ich wusste gar nicht, dass man über Internet gemeinsam musizieren kann. Jetzt haben meine Cousine in Australien und ich viel Spass, wenn wir mit Klavier und Klarinette alte Songs spielen. Ich wusste gar nicht, wie verbindend Vorlesen ist. Jetzt kochen mein Mann und ich abwechslungsweise: Einer kocht, der andere liest vor. Durch das Homeoffice und das Wegfallen des Arbeitsweges haben wir Zeit für beglückende Küchenerlebnisse.

Ressourcenorientierung ist nicht nur sinnvoll, wenn genügend Zeit, Cocooning-Zeit, zur Verfügung steht. Insbesondere bei einer allfälligen Überforderung mit Kinderbetreuung und Homeoffice ist es unabdingbar, sich seiner Ressourcen bewusst zu sein. Es gilt einerseits hilfreiche Ressourcen zu mobilisieren und anderseits Zeit für sich zu beanspruchen, um achtsam mit den eigenen Ressourcen umzugehen.

Sich selbst in den «Ressourcenmodus» bringen kann man mit dem Fokussieren auf dem Positiven, was man ist und was man hat. Man lernt Familie, Freunde und Nachbarschaft ganz anders kennen, wenn die «Normalität» eine andere Farbe bekommen hat. Heute sieht man beispielsweise Leute, die etwas selbst Gekochtes oder Gebackenes in einen Briefkasten stellen. Sie verarbeiten die doppelte Menge und bereiten einer Bezugsperson Freude. Und realisieren, dass anderen Freude bereiten psychisch gut tut.

Im «Ressourcenmodus» ist man auch, wenn man sich vergegenwärtigt, was man kann und dass man eine liebenswerte Persönlichkeit ist. Es gilt, sich Ressourcen, die in der eigenen Persönlichkeit liegen, bewusst zu machen – und zu nutzen.
Dazu gehört auch das Überprüfen von persönlichen Werten. Vielleicht entdeckt man, dass während den letzten Jahren das Prinzip «Leistung» zu schwer gewogen hat und die Lebenszufriedenheit aus der Balance geraten ist. Vielleicht will man das Gewicht vom Prinzip «Haben» mehr auf das Prinzip «Sein» verlagern?
Cocooning-Zeit bedeutet innere Veränderung. Idealerweise macht man diese in eigener Regie, ressourcenorientiert, anstatt vielleicht unbewusst in Jammern zu verfallen.

10 Ideen
– Eine Liste mit eigenen Kompetenzen erstellen, täglich bewusst eine davon nutzen.
– Sich daran erinnern, was man als junger Mensch konnte und wollte.
– Sein soziales Netzwerk aufzeichnen – und bewusst pflegen.
– Sich Orte vergegenwärtigen, wo man auftanken kann.
– Eine Liste erstellen, welche Musik in welchen Situationen unterstützend ist.
– Jeden Tag eine Person kontaktieren (Telefon, Mail, WhatsApp) und nachfragen, wie es geht.
– Etwas wieder tun, woran man früher Spass hatte und das im Alltag keinen Platz mehr hatte.
– Die doppelte Menge kochen oder backen und jemandem eine Portion in den Briefkasten stellen
– Einen Wiesenblumenstrauss verschenken
– Tagebuch: Freude – Ausgrabungen – Entdeckungen.

Musik
Morgenstimmung aus Per Gynt, Eduard Grieg

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  1. Ursula

    Ja die Coronazeit hat wirklich auch ihre guten Seiten. Für mich ist sie sehr heilsam und das Wetter hat das seine getan um die Zeit zu nutzen und zu geniessen.
    Ich freue mich immer über deine wunderschönen Bilder und deine Kreativität, dein Blog ist stets ein kleines Kunstwerk, sehr schön!
    Herzlichen Dank!
    Ursula J.

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