Kleine Schwester Menorca

Mallorca ist bekannt. Man assoziiert dazu unterschiedliche Aspekte der “Putzfraueninsel”. Mallorca bedeutet im Katalanischen “die Grössere”. Es gibt im Gegensatz zu Mallorca auch „die Kleinere“, Menorca. Menorca ist die ruhigste und am wenigsten überlaufene der drei Hauptinseln.

Während sich Mallorca dem Tourismus beugt, muss sich der Tourist Menorca beugen. Dies ist das Erfolgsgeheimnis der Ferieninsel Menorca – in die ich mich verliebt habe.

Menorca ist die östlichste und nördlichste Insel der spanischen autonomen Region Balearen.Ibiza ist die kleinste der drei grössten Inseln und zählt über drei Millionen Besucher jährlich bei einer Fläche von 570 Quadratkilometern. Mallorca misst rund 3600 Quadratkilometer und wird von rund zehn Millionen Touristen besucht.
Noch nie habe ich so viele Kinderwagen auf dem Gepäckband kreisen sehen, wie bei meiner Ankunft in Mahón, dem 4,5 Kilometer südwestlich der Inselhauptstadt Mahón gelegenen Flughafen von Menorca. Die Insel ist offensichtlich bei Familien beliebt.

Kein Wunder, es gibt hier mehr Strände als in Mallorca, viele muss man zu Fuss erreichen, ist dann aber manchmal ganz alleine dort. Paradiesisch!

Die Badebuchten sind ruhig und es herrscht hier weder Schickimicki- noch Ballermannkultur. Es ist eine Insel zum Entspannen und zum Erleben von Natur, Sport und Kultur.

Rund 50 Kilometer lang und knapp 20 Kilometer breit, bietet die Insel abwechslungsreiche Landschaften und intensive Farberlebnisse.

Einen ersten Eindruck bekam ich am ersten Abend, wir spazierten zu einer einsamen Badebucht und tranken “Pomade”, geeiste Limonade mit Gin – ein beliebtes Getränk in Menorca, das es in sich hat.

Der Spaziergang führte über einen kleinen Teil des Cami des Cavalls.

Das Verkehrsnetz der Insel gleicht dem Skelett eines Fisches. Die Hauptachse läuft von Westen nach Osten. Davon zweigen im rechten Winkel Strassen ab, die zur Küste führen. Wer die Insel umrunden will, muss dies auf Schusters Rappen tun, über den sogenannten Cami de Cavalls, den Pferdeweg.

In rund zehn Tagen bewältigt man die 185 Kilometer und kann sich dazwischen immer mal wieder in einer malerischen Badebucht abkühlen.

Menorca hat auch eine eigene Pferderasse, die Menorquiner. Es sind dunkelbraune, fast schwarze Pferde, von denen man sagt, dass sie bis zu 40 Meter weit auf den Hinterbeinen gehen können. Sie zeigen insbesondere an Sommerfesten ihren besonderen Charakter und ihr Können.

Am ersten Morgen stand ich früh auf, verliess das Hotel und den Yachthafen und folgte dem Cami de Cavalls.

Die Sonne vergoldete die Klippen und das Wasser schien tiefblau zu sein.

Die Bäume trotzen seit Jahrzehnten den Stürmen.

Immer wieder sind Aussichtspunkte ausgeschildert, ich schaue in die Ferne und gucke in die Tiefe – Dimensionen.


Am Ost- und am Westende von Menorca befinden sich die beiden bedeutendsten Städte Mahón und Ciutadella.

Mahón ist ein Einkaufsparadies.

Im alten Markt würde man sich am liebsten den Bauch mit Tapas vollschlagen.

Die Lederverarbeitung hat in Menorca Tradition und die Schuhindustrie hat heute noch grosse Bedeutung.

Kaum eine Touristin lässt sich vom Kauf von «Avarcas» abhalten. Die Ledersandalen in allen Farben vermitteln ein besonderes, für Menorca typisches Lebensgefühl.

Vornehmer gibt sich das Label Pretty Ballerinas. Bereits im Jahre 1918 gründete Jaime Mascaro auf Menorca sein Unternehmen. Seine Enkelin schuf die Linie Pretty Ballerinas, die sich auf flache Damenschuhe spezialisiert hat. Bekannt wurde das Label unter anderem durch Claudia Schiffer.

Mahón wurde unter der Herrschaft der Engländern Hauptstadt. Dies hat das Stadtbild geprägt.
Ende des 18. Jahrhunderts wurde Menorca endgültig Spanien zugesprochen.

Mahón hat den grössten natürlichen Hafen im Mittelmeer, den weltweit zweitgrössten nach Sidney. Er ist ein beliebtes Ziel für Segler. Ein Ferienhaus am Hafen wäre auch nicht zu verachten.

Die Hafenstadt war im Laufe der Geschichte gut befestigt, die Anlagen wurden aber auch immer wieder zerstört. Wenn das alte Krankenhaus auf einer Insel erzählen könnte. Hier beendeten viele Menschen aus aller Herren Länder in der Quarantäne ihr Leben.

Um die Grösse dieses “Hafenfjordes” zu erfassen, macht man am besten eine Rundfahrt mit einem Boot.

Hier wirkt Menorca dann doch etwas touristisch.

Nicht weit von der Hauptstadt entfernt findet man Naturschutzgebiete. Hier können die Kinder im warmen, seichten Wasser spielen.

Das Wasser ist glasklar. Im Sommer ankern hier viele Boote, wer Wassersport machen will, hat die Qual der Wahl.

In den schmucken Feriendörfern findet man immer einen Ort, wo man “Pomada” serviert bekommt.

Rund um Ciutadella findet man Zeugen aus Menorcas Frühgeschichte. Zwei Kilometer entfernt von Mahón ist Trepuco beispielsweise eine der bedeutendsten Ausgrabungsstätten Menorcas. Die Siedlung wird der eisenzeitlichen Talayot-Kultur zugeschrieben. Besonders auffällig ist das T-förmige Monument, die sogenannte Taula, die vor mehr als 2000 Jahren erbaut wurde. Man fragt sich, wie der Querstein auf den stehenden Stein gehievt werden konnte.

Die Balearen galten beispielsweise im Altertum für die Seefahrervölker als besonders gefährlich, wurden Schiffsbesatzungen doch von treffsicheren Steinschleuderern zur Flucht gezwungen. Aus der Bronze- und Eisenzeit stammen die ersten Funde zu den Steinschleuderern “Els Foners Balears”. Noch heute werden auf den Balearen Steinschleuder-Meisterschaften ausgetragen.

Die Hafenstadt Ciutadella liegt an der Westküste Menorcas. Vor der Besetzung durch die Engländer war sie die Hauptstadt der Insel, diesen Abstieg haben die Bewohner Mahón nie verziehen.

Die historische Altstadt mit der gotischen Kathedrale Santa Maria de Ciutadella ist sehr sehenswert. Auch das Rathaus am Hauptplatz und verschiedene gut erhaltene Adelspaläste sind imponierende Bauwerke.

Mir hat es der Olivar-Palast angetan. Sein Eingangsportal ist imposanter als dasjenige der gegenüberliegenden Kirche.

Zur heissesten Tageszeit wandelte ich durch die kühlen Räume.

Schon beginnen in meinem Kopf Filme abzulaufen.

Wer hat mit seiner Musik übermütig Gäste unterhalten oder traurig vor sich hin gespielt? Wer hat die Waschschüssel benutzt und worüber haben die Herren im Rauchzimmer bei einem Gin diskutiert?

Welche Beziehungsgeschichten spielten sich an diesem Tisch ab und wer teilte sich dieses Bett?

Was wurde im Treppenhaus getuschelt?

Ich löse mich aus meiner Film- und Geschichtenwelt und lande wieder in der sonnigen Wirklichkeit.

Der Hafen von Ciutadella ist kleiner als jener von Mahón – aber nicht weniger schmuck.

Eine besondere Stimmung herrscht am Fischmarkt.

Hier werden fangfrische Fische verkauft. Das Meer gibt mehr her als das karge Land.
Die Landwirtschaft umfasst lediglich vier Prozent des Bruttosozialproduktes.

Menorca ist steinreich, reich an Steinen. Historisch interessante Steinbauten sind auf der ganzen Insel zu finden und Archäologen haben auch in Zukunft viel zu forschen.

Will man Getreide oder Gemüse anbauen, müssen die grossen Steine entfernt werden. Aber wohin damit? Man baut Mauern. Ein feines Netz von Mauern überspannt die ganze Insel. Würde man sie aneinanderfügen, erreichte man eine Gesamtlänge von 11’000 Kilometern. Zum Vergleich: Die Chinesische Mauer ist 2’000 Kilometer lang.

Imposant sind die Leuchttürme auf Menorca. Wir besuchten den Leuchtturm Punta Nati, acht Kilometer von Ciutadella entfernt.

Der Weg zum Leuchtturm ist gesäumt von Mauern. Am Wegrand wachsen gelbe Blumen und…

…Spritzgurken. Was wie ein Cornichon am Wegrand wächst, hat es in sich. Berührt man eine reife Gurke, explodiert sie wie ein Springkraut und schleudert ihre Samen durch die Gegend.

Der Leuchtturm Punta Nati wurde nach einem der schlimmsten Schiffsunglücke bei Menorca gebaut. 1910 fuhr der französische Passagierdampfer Général Chanzy von Marseille in Richtung Algerien aus. An Bord befanden sich neben der Besatzung von 69 Personen 83 Passagiere. Das Schiff wurde gegen die Klippen geschleudert, es gab nur einen einzigen Überlebenden.

Die benachbarte Cala en Morts, Totenbucht, erinnert an dieses und weitere tragische Schiffsunglücke an dieser gefährlichen Meeresküste.

Um den Leuchtturm kann man wie fast überall steinerne Unterstände für das Vieh entdecken, die wie prähistorische Gräber anmuten.

Wir besuchten auch einen Bauernhof mit Milchkuhhaltung.

Diese Kühe haben wirklich Herzen auf der Stirn. Der Käser und seine Frau produzieren den bekannten Queso de Mahón aus Rohmilch auch in Herzform.

Er besitzt eine eigene geschützte Herkunftsbezeichnung und wird in die ganze Welt ausgeführt. Mit zunehmender Lagerdauer verliert der Käse an Flüssigkeit, wird aromatischer, harter und teurer.

Apéro ist meine Lieblingsmahlzeit. Diesbezüglich ist Menorca ein Schlaraffenland.

Es werden auch gute Weine und Schaumweine produziert.

In Menorca mag man auch Süsses.

Nicht nur zum Frühstück gibt es «Ensaïmadas», ein schneckenförmiges, luftiges Hefegebäck, das es in verschiedenen Grössen und mit unterschiedlichen Füllungen gibt. Sie werden in Schachteln verpackt, ähnlich wie Hutschachteln. Ganze Türme solcher Schachteln werden nach Hause getragen.

Das Meer bietet vor Menorca viele Köstlichkeiten. Einen traditionellen Langusteneintopf sollte man unbedingt probieren.

Auch die Wurstwaren von Menorca sind hervorragend.

Ob es stimmt, dass die Mahónesa, die Mayonnaise, hier erfunden wurde, ist umstritten, hält sich aber unumstösslich in den Geschichten rund um Mahón.

Wer Menorca besucht, Augen und Ohren offen hat, wird viele Geschichten entdecken.

Hätte ich die Gelegenheit, ich würde aus Geschichte Geschichten machen.

Ute Kreibaum

Musik
Musik aus Menorca
Gelosia – Miquel Mariano

Informationen
Rhomberg-Direktflüge nach Mahón
• St. Gallen-Altenrhein (ACH) nach Mahón (MAH) samstags vom 19. Mai bis 6. Oktober 2018
• Bern (BRN) nach Mahón (MAH samstags vom 2. Juni bis 6. Oktober 2018
• Zürich (ZRH) nach Mahón (MAH) samstags vom 2. Juni bis 6. Oktober 2018
Geführte Wanderreise vom 29.9. – 6.10. 2018 mit fixem Standort in der Cala Santandria
Film
www.rhomberg-reisen.ch, www.menorca.es

Dank
Ich danke Rhomberg Reisen für diese Erlebnisse und Geschichten, insbesondere Eva Salzmann und Kurt Metz für die Organisation und professionelle Begleitung. Zudem Ralf Freiheit für die interessanten Ausführungen vor Ort!

Nachtrag November 2018
Das einzigartige Feriendorf bei Calvi auf Korsika feiert im 2019 einen runden Geburtstag: Es tritt ins siebte Jahrzehnt mit einem facettenreichen Programm für Jung und Alt. „Wir werden beweisen, dass das symbolische Grautier noch lange nicht zum alten Eisen gehört“, sagt Projektleiter Wolfgang Auer, der nächstes Jahr seine zehnte Saison auf der Ile de Beauté antritt. Beispielsweise mit kreativen Workshops für Gäste mit Künstlern, die das Feriendorf in den letzten Jahren wesentlich prägten. Das „Korsika -erleben-Programm“ wird erweitert mit Nostalgietouren für Wanderer, Bergsteiger und Radfahrer. Neu finden Eselwanderungen für Familien und Tierliebhaber statt. Das Kulinarische wird verstärkt auf den Reichtum der Insel ausgerichtet. Informationen: https://www.stoerrischeresel.com/ und www.rhomberg-reisen.ch

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Rosarium im Val Gardena

  1. Ritanna

    In wen Du Dich alles schon verliebt hast und immer wieder Dich neu verliebst!
    Gut, stehen wir alle neben, hinter Dir und gucken Dir über die Schultern; sonst wüsst’s ja keiner !
    Jetzt ist klar, bei so blauem Himmel und göttlichem Paradies auf Erden, dem weichen Sand unter den Füssen oder lauschigen Wanderweg quer oder rundum die Insel, – jetzt verstehe ich, dass Du Regula ohne Fussball zur Zeit auskommst, ohne Fan Meilen. Anstatt Bratwurst geniesst Du die köstlichsten aller Apéro Häppchen als Deine Lieblingsmahlzeit.
    Mich überzeugen die Herzformen auf den Kuhstirnen, bin gespannt auf den Geschmack dieses herzförmigen Käses. Ahh und ein Mundvoll Schnecken Gebäck dazu mit einem Schluck – was jetzt? – Schaumwein dazu. Draussen an der Sonne sitzen, den Wind in den Haaren spüren – Du vermittelst absolutes höchstes Feriengefühl. Wenn ich das Können der Menorquiner Pferde sehen will, muss ich schnellstens noch eine Fahrt und einen Aufenthalt zu den Sommerfesten buchen. Ein absoluter Hit ist das aufgezeigte Paradies. Danke.

  2. Brigitte

    Liebe Regula, gerne möchte ich dir an dieser Stelle ein grosses Kompliment für deine Blogs machen. Immer wieder erfreue ich mich nebst dem anmächeligen Text auch den verführerischen Bildern. Mit welcher Kamera fotografierst du? Die Fotos sind einfach wunderbar klar und farbig. Und Menorca ist bestimmt eine Reise wert!

    • Ursula Schmid

      Liebe Regula, herrliche Bilder mit kurzweiligen Texten. Menorca kommt auch auf meine Reise Liste. Grürssli Ursula

  3. Beatrice

    Liebe Regula
    Nun weiss ich, wo ich meine nächsten Ferientage verbringen will, das kann nur diese wunderschöne Insel Menorca sein. Ich war schon so lange nicht mehr im und am Meer und da ich ein absoluter Genussmensch bin in Sachen Kulinarikum (ich glaube,
    habe soeben ein neues Wort kreiert) und ein Sinnesmensch bin, kann ich mit dieser Reise nichts falsch machen. Dein Reisebericht hat mich super stimuliert, ich danke dir von ganzem Herzen!!
    Griessli, Béatrice

  4. Txaro Gaminde

    Liebe Regula,
    Wenn ich das lese, was du über Menorca geschrieben hast, bin ich froh darüber, dass ich bei Sidetours mit meinen Kolleginen für Rhomberg die Reise nach Menorca vorbereitet habe. Wir lieben unsere kleine Inseln sehr und sind immer froh, wenn Menschen bei uns schöne Erlebnisse haben, die sie auch mitteilen können damit andere Menschen auch Lust auf Urlaub und alles was dazu gehört haben.

    Moltes gràcies per la teva visita.

    Liebe Grüsse

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