Marokko hat viele Gesichter. Die Hafenstadt Essaouira ist eines der schönsten.
Essaouira bedeutet für mich die Farben Blau und Ocker, Türen und Fenster mit Patina, viele Katzen – und Menschen, die ich respektvoll nicht fotografiere.
Doch der Reihe nach: Unsere Reise führte in vier Etappen von Agadir nach Marrakech, Casablanca, Essaouira und zurück nach Agadir. Wir haben also den mittleren Westen des Königreichs bereist. Zuerst prägten weite Landschaften und die Schneegipfel des Atlas das Bild – dann folgten wir der Atlantikküste.
- Über Agadir kann ich nichts erzählen: Anflug – Abflug.
- Marrakesch ist eine typisch orientalische Stadt, geprägt von der Berber Bevölkerung des Atlas und von Touristen. In Marrakesch war ich erstmals vor 45 Jahren – mehr dazu im Blogbeitrag zu Marrakesch. Vor drei Jahren machte ich eine Reportage über ein Schweizer Kinderdorf – auch darüber bald mehr.
- Casablanca ist eine international wirkende grosse Wirtschafts- und Industriestadt.
- Essaouira ist eine kleine, malerische Hafenstadt, die in einigen Jahren wahrscheinlich so touristisch ist, wie die Medina von Marrakesch heute bereits.
So, nun habe ich den Rahmen unserer einwöchigen Reise gesteckt. Nun zurück zu Essaouira.
1968, das Jahr, in dem ich in die Mittelschule eintrat, war ein Jahr, in dem man für Tschechien auf die Strasse ging. Noch gab es kein Frauenstimmrecht in der Schweiz. Die Welt war in Bewegung, die Jungen wollten die Werte ihrer Eltern nicht mehr übernehmen und setzten mit der Hippie-Bewegung einen Gegenpol zum Vietnamkrieg.
In dieser Zeit entwickelte sich das etwas verschlafene Hafenstädtchen Essaouira zu einem Ort für Aussteiger. Beispielsweise Jimi Hendrix, Frank Zappa und Cat Stevens weilten hier.
Aber schon viel früher soll im 16. Jahrhundert ein Schotte namens McDonald in der damals von den Portugiesen besetzten Hafenstadt eine neue Wahlheimat gefunden haben. Zu dieser Zeit wurde die grosse Festung gebaut und erhielt den Namen „Mogador“. Der auch heute noch verehrte islamische Schutzpatron Sidi Mogdul soll eben dieser Schotte McDonald gewesen sein. Zu dieser Zeit lebten hier muslimische Berber und Araber, jüdische Kaufleute und christliche Seefahrer friedlich nebeneinander.
Im 18. und 19. Jahrhundert baute Essaouira seine wichtige Position als Knotenpunkt im Karawanenhandel weiter aus und gelangte zu erheblichem Wohlstand.
Man kann sich vorstellen, dass auch damals schon leuchtend farbige Textilien und Töpferwaren angeboten wurden.
Früchte und Gemüse gab es schon damals, aber glitzernde Korbtaschen waren bestimmt noch nicht in Mode.
Aber Gewürze, Kräuter und Süssigkeiten konnte man bestimmt damals schon erstehen, als vor der Unabhängigkeit Marokkos die Stadt noch Mogador genannt wurde.
Lange Zeit galt der Hafen von Mogador als wichtiger Knotenpunkte im Handel zwischen Europa, Afrika und Amerika. Man nannte ihn auch den „Hafen von Timbuktu“, denn viele Handelsgüter von südlich der Sahara wurden über Mogador verschifft. Und auch der Sklavenhandel trieb hier unrühmliche Blüten. Timbuktu verlor nach der Besetzung durch die Franzosen 1893 seine Bedeutung und damit sank auch der Stern der Hafenstadt Essaouira.
Dies bewirkte, dass Essaouira etwas in einen Dornröschenschlaf verfiel und so seine orientalische Atmosphäre erhalten konnte.
Im Fischerhafen kann man sich nicht sattsehen.Blaue Boote bilden einen blauen Bootsteppich.
Die Boote werden immer wieder bemalt, denn das Salzwasser und der typische Essaouira-Wind erodieren die Farbe.
Das Blau der Boote und Fischstände ist intensiv, die Patina wirkt wie abstrakte Gemälde.
Die Farben sind wunderschön.
Gleich im Hafen werden die fangfrischen Fische verkauft.
Am Boden glitzern Fischschuppen.
Frische Austern kosten ein paar Dinar.
Hier kann man Fische auslesen, um den Preis feilschen und sich die Fische und Krustentiere gleich grilliert auf den Teller legen lassen.
Ellen und ich peilen oft dieselben Sujets an, aber unsere Blogbeiträge sind letztlich individuell geprägt.
Essaouira ist heute ein kosmopolitischer Schmelztiegel. Die meist aus den Berberdörfern Südmarokkos zugewanderte Bevölkerung spricht marokkanisches Arabisch und die heimatlichen Berberdialekte des Tamazight. Mit Französisch kann man sich bestens verständigen.
Haupterwerbszweige der Stadt sind Fischfang und Tourismus.
In Essaouira weht meist der Wind.
Die typischen Strandtouristen wählten lieber die Strände südlich von Agadir, denn wenn der Wind den Sand über die Strände treibt, macht es wenig Spass, sich gut eingeölt mit Sand panieren zu lassen.
Von der Strasse her führen Palmenalleen zu kleinen Strand-Restaurants. Hier lässt es sich auch an windigen Tagen gut sein.
Hier schaut man den Dromedaren zu, die geduldig auf Touristen warten.
Heute haben die Kitesurfer den Ort entdeckt. Am Strand sieht man Drachen fliegen, daran hängen Surfer, die sich sportlich mit den Elementen Wind und Wasser auseinandersetzen.
Die dem Strand vorgelagerte Insel Mogador ist die Hauptinsel der Iles Purpuraires. Hier wurde zu Zeiten des Lebens Christus aus Purpurschnecken der edle Farbstoff Purpur gewonnen.
Die Medina von Essaouira ist durch eine Mauer geschützt und weitgehend verkehrsfrei. Waren und das Gepäck der Touristen werden mit Handkarren transportiert. Würde man nicht auf die Reklameschilder für Massagen oder Restaurants und Hinweisen zu heutigen Produkten achten, würde man sich Jahrhunderte zurückversetzt fühlen.
Es lohnt sich, einen Spaziergang durch die engen Gassen zu machen…
…und das Augenmerk auf die Patina der Mauern zu werfen.
Oder sich die vielfältigen Türen anzuschauen.
Auch für Fenster kann man sich hier begeistern.
Man könnte ein ganzes Buch machen mit Fotos von Türen und Fenstern.
Wunderschön kommen die Farben nach dem Regen zur Geltung, wenn sich Häuser und Menschen in den “Pfützen” spiegeln.
Regen ist hier eine Wohltat. In unserem Hotel regnete es vor die Zimmertüren, alle Zimmer gehen auf einen mehrstöckigen, offenen Innenhof.
Hier ein Blick durch das Fensterchen in der Türe zum Eingangsbereich unseres Hotels Emeraude.
In vielen Altstadthäusern wurden Riads, kleine Hotels, eingerichtet – und oft von Europäern, die hier hängen geblieben sind, betrieben werden. So beispielsweise das Hotel Emeraude von Frédérique, ausgewandert aus Frankreich.
Hier ist sogar Coca Cola blau!
Für mich ist Essaouira auch eine Stadt der Katzen.
Nicht allen Katzen geht es gut – aber sehr viele scheinen geliebt zu werden.
Hier drin wohnt eine Katzenmama mit ihren neugeborenen Jungen.
Und ab und zu trifft man auch einen Hund.
Mich faszinieren ganz besonders die Möwen.
In jeder einzelnen sehe ich Jonathan Seagull.
Sie segeln virtuos im Wind von Essaouira.
Was ist das? Auflösung zuunterst.
Zitate aus Jonathan Seagull von Richard Bach:
Träume werden nur durch Taten verwirklicht, nicht durch Ideen.
Hebe den Blick und du siehst keine Grenzen.
Du hast die Freiheit, du selbst zu sein, dein wahres Ich, hier und jetzt, und nichts kann dir im Weg stehen.
Musik
Jonathan Seagull Filmmusik
Menschen aus Ländern wie Mali, Senegal oder Ghana wurden als Sklaven über Timbuktu nach Mogador (heute Essaouira) verschleppt und als Sklaven nach Amerika verschifft. Einige blieben in der Stadt hängen und vermischten sich mit den Arabern und Berbern. Ihre spirituelle Rituale ähneln der Sufi-Kultur: Musik, Tanz, Trance und Ekstase. Rhythmen, unterstützt durch eine dreisaitige Basslaute namens Gembri sowie klappernde Metallkastagnetten und durchdringenden Gesang, versetzen Zuhörer in kürzester Zeit in Trance. Diese Musik nennt man Gnawa. Seit 1998 gibt es das gut besuchte Festival Gnaoua et des Musiques du Monde. Seit 2012 gibt es auch das Festival Hadra Féminine et Musiques de Transe, das Gnawa-Musik und Trance aus weiblicher Sicht präsentiert.
Hier kann man sich in diese Musik einhören. Versuch mal, dazu Fenster in leichter Trance zu putzen.
Dank
Ich danke Germania für den Flug und Fairaway für die Zeit in Marrakech.
Danken möchte ich auch Ellen, mit ihr reisen macht Spass. Hier findet Ihr ihren Beitrag zu Essaouira.
Beitrag von Christiane Bartels zu Essaouira
Auflösung. Eine Möwe spaziert auf einer Markise, von unten gesehen.
Zineta
Sehr schön fast alless blau scöne geschihte. Danke für die besondere führüng.
Proch Katharina
Mein Gott, diese Farben- mein Malerherz ist ganz verwirrt.
elfi
Grandiose Fotos – und schöne Geschichten. Total einladend.
Christiane (https://der-2te-blick.de)
Ich kann mich meinen Vorgängern nur anschließen, wirklich tolle und vielfältige Bilder, die mehr über die Stadt Essaouira sagen, als viele Worte. Ich bin total begeistert. Danke Dir dafür. Ich verlinke es gerne auf meinen kleinen Bericht über Essaouira.