Neben den Reiseberichten möchte ich auch andere Themen ansprechen.
Über Begeisterungsfähigkeit habe ich bereits in Printmedien Artikel veröffentlicht, möchte das Thema hier aber aufnehmen, kombiniert mit Bildern von einem Spaziergang an der nahen Reuss.
So wie sich die Bäume im Fluss spiegeln, im ruhigen Wasser verdoppeln, übertragen sich Begeisterung und Freude auf andere, wenn sie offen sind.
Begeisterungsfähige Menschen empfinden überdurchschnittlich Interesse für Dinge und Ideen und setzen sich tatkräftig dafür ein. Sie freuen sich, verströmen Freude und stecken andere mit ihren positiven Gefühlen und Stimmungen an.
Dieser Baum ist für mich ein Symbol für die Fähigkeit, sich immer wieder neu zu begeistern – auch wenn es mal nicht so läuft, wie man es sich wünscht.
Er wurde oft radikal beschnitten, und hat immer wieder neue Zweige wachsen lassen.
Begeisterungsfähigkeit hat nichts mit einem “leichten Leben” zu tun.
Begeisterung ist auch möglich, wenn man Probleme hat.
Begeisterungsfähigkeit kann sogar dazu beitragen, Probleme lösungsorientiert anzugehen.
Begeisterungsfähigkeit ist gesund, belebend. Physiologisch ist Begeisterung ein Erregungszustand des Mittelhirns. Es werden Neurotransmitter ausgeschüttet, beispielsweise Adrenalin, Noradrenalin und Dopamin sowie Endorphine und Enkephaline. Begeisterungsfähigkeit bedeutet also Doping für Körper, Geist und Seele – ohne unerwünschte Nebenwirkungen.
Begeisterung bringt vieles in Fluss, was dazu motiviert, Ziele zu setzen und Ziele zu erreichen – mit Freude.
Begeisterung hat viele Farben. Meist kräftige. Denn in der Begeisterung steckt Energie. Energie, die antreibt, Energie, die sich auf andere überträgt. Und Energie, welche die Begeisterungsfähigkeit wiederum nährt. Eine echte Energiespirale, solange man nicht an Grenzen stösst.
Grenzen wollen respektiert werden, Energie darf sich nicht in einem Strohfeuer verpuffen. Mit der Energie muss achtsam umgegangen werden – auch im Zustand grosser Begeisterung.
Frustrationstoleranz ist gefragt, wenn es mal nicht so läuft, wie man voller Begeisterung möchte. Frustrationstoleranz ist eine wichtige Kompetenz, insbesondere als Ergänzung zur Begeisterungsfähigkeit. Die Weidenbäume leben es uns vor.
“Habe” ich nicht nur meinen eigenen Weg – oder gehe ich ihn auch?
“Muss” ich – oder “will” ich? Strohfeuer oder Begeisterung?
Im Wort “Begeisterung” steckt “Geist” drin, meint also “mit Geist erfüllen”, “beleben”.
Der Schlüssel für Begeisterungsfähigkeit liegt in der inneren Haltung – und dafür trägt jeder die eigene Verantwortung. Es gilt, die Grundeinstellung zu überprüfen. Ist mein Menschen- und Weltbild von Offenheit, Toleranz und Selbstwirksamkeitsglauben geprägt?
Ein anderer Aspekt ist die Wahrnehmung. Dieser Wegweiser streckt den längeren Teil, der im Boden verankert sein müsste, in die Luft. Und doch ist das Schild richtig. Ärgere ich mich oder muss ich lachen – weil hier offensichtlich was nicht stimmt – und doch stimmt?
Generell: Habe ich einen Grauschleier oder eine Milchglasscheibe vor der Wahrnehmung oder kann ich mit Glitzer und bunten Farben meine Wahrnehmung beleben?
Bin ich engstirnig oder habe ich einen weiten Horizont? Ist das Glas immer halb voll? Fördern positive Glaubenssätze wie “Wer weiss, wozu das gut ist?” oder “Es kommt schon gut?” meine alltägliche Befindlichkeit?
Begeisterungsfähigkeit hat auch mit Energie-Balance zu tun.
Dieser Baum ist zwar aus der Balance geraten – aber er ist fest verwurzelt, hält sich und wächst weiter. Er wird die Richtung bei seinem Wachstum ausgleichend steuern.
Begeisterungsfähigkeit beinhaltet Energie. Braucht aber auch Verwurzelung, Bodenhaftung.
Kann man Begeisterungsfähigkeit fördern? Bestimmt, indem man eine positive Grundhaltung einnimmt, Opferrollen ablehnt und das Grübeln sein lässt.
Es gibt Feinde der Begeisterungsfähigkeit. Beispielsweise Perfektionismus. Dieser ist wunderbar, wenn man an seiner Buchhaltung sitzt. Aber er dämmt die Freude, weil er zu hohe Ziele steckt. Die Begeisterung verfliegt, wenn sie nicht landen kann.
Begeisterungsfähigkeit verlangt auch, in verschiedenen Zeithorizonten zu denken. Freud würde von “Triebaufschub” sprechen. Was kommt zuerst, was als nächstes und was kann auch noch warten?
Nun bin ich am Ende meines Reuss-Spazierganges.
Wir sind gern Feuer und Flamme. Wunderbar.
Wir begeistern damit auch andere. Toll!
Es gilt aber auch, achtsam mit der Begeisterungsfähigkeit umzugehen. Sie zu geniessen, ihr Raum und Zeit zu geben.
Denn Voraussetzung für ein echtes Burnout ist schlecht dosiertes Feuer.
Die Franzosen sagen «feu sacré», wow! Was bestimmt nichts mit «Strohfeuer» zu tun hat.
Begeisterung ist immer ruhig, immer langsam und bleibt innig.
Der plötzliche Ausbruch ist nicht Begeisterung
und auch nicht aus ihr hervorgegangen,
er kommt aus einem heftigen Zustand.
Man soll auch die Begeisterung nicht mit dem Schwung verwechseln, der aufregt, während jene bewegt.
Joseph Joubert
Musik
Ich bringe irgendwie die Bearbeitungen von Opern von Vincenco Bellini durch Otto Nicolai in Bezug zu Begeisterungsfähigkeit. Nicolai hat sich für Bellinis Werke begeistert.
Klavier und Orchester
Klarinette und Sopran
Arbeitsmittel Begeisterungsfähigkeit
Mary
Sehr inspirierend..! 🙂
Ruth Ofner
Wunderschöne Bilder, klare Gedanken und Worte. Danke, liebe Regula.