Perlmuttknöpfe

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img_3009Als Kind spielte ich Geige. Am so genannten “Frosch” des Bogens war Perlmutt eingearbeitet. Ich liebte das sanfte, pastellfarbene Schillern dieses Teils meines Instrumentes.

 

 

img_7449Meine Mutter erklärte mir, woher Perlmutt kommt: “Geschliffene Perlmuttstücke sind wie Sterne aus dem Meer. Sie stammen aus dem Inneren von Muschelschalen oder Schneckenhäusern.”

Wir hatten eine Knopfschachtel, worin alle Knöpfe von ausgetragener Kleidung gesammelt wurden. Mit diesen Knöpfen spielte ich besonders gern. Da gab es Perlmuttknöpfe. Sie zierten Kleider und Heimtextilien unserer Grossmütter. Durch ihren feinen Schimmer und das Schillern in verschiedenen Farbnuancen
sind sie nach wie vor beliebt.img_7453

Auf einer Reise durch das Waldviertel, den nordöstlichen Teil Österreichs, fanden wir nahe der tschechischen Grenze einen Wehweiser mit der Aufschrift “Knopffabrik”. Spontan folgen wir den Wegweisen und gelangten schliesslich in eine Knopffabrik. Hier schien die Zeit still gestanden zu sein. Man verarbeitete früher Muscheln aus dem nahen Grenzfluss, heute aus der ganzen Welt.collage-perlmutt-2 In der Perlmuttdrechslerei Mattejka in Felling im Nordosten Österreichs lernen Besucher die alte Handwerkskunst der Perlmuttknopferzeugung kennen. Das Unternehmen wurde 1911 gegründet, damals wurden noch Muscheln aus dem nahen Fluss Thaya verwendet. Nachdem die heimischen Bestände erschöpft waren, begann der Unternehmer 1948 mit dem Import von Meeres-Muscheln und -Schnecken, die auch noch heute zu Knöpfen und Schmuck verarbeitet werden.img_7470Heute können Besucher die Knopfproduktion hautnah erleben:
Mit einem Diamanthohlbohrer werden aus den Muscheln kleine Rondellen ausgebohrt.
Danach wird mit einem Stahl oder einem Diamantwerkzeug die Façon gefertigt und der Knopf gelocht.collage-perlmutt-3Je nach Bedarf bekommen die Knöpfe bei dem Lochbohrautomat zwei oder vier Löcher, die dickeren Knöpfe werden von Hand gelocht.
Um den endgültigen Hochglanz zu erreichen, sind noch einige Poliervorgänge notwendig.

Aus den schönsten Teilen, etwa der zart seidenen Macassar-Muschel oder der grünschimmernden Haliotis-Schnecke, werden in Zusammenarbeit mit Silberschmieden edle Schmuckstücke gefertigt. www.perlmutt.at

img_7450Perlmuttähnliche Materialien können synthetisch hergestellt werden – erreichen aber nie die wunderschöne Wirkung wie echtes Perlmutt aus Muscheln und Schneckenhäusern aus dem Meer. Perlmutt gehört zu den wichtigsten naturgewachsenen Knopfmaterialien in der heutigen Zeit. Es ist sehr wertvoll und muss daher mit grösster Genauigkeit und Sorgfalt bearbeitet werden.

Der eigenartige, seidenmatte Glanz rührt vom schichtweisen Aufbau der Perlmuttschale her. Das Licht, das auf die Plättchen auf Plättchen gelagerten dünnen Schichten fällt, wird gebrochen und fällt zerlegt zurück. Dadurch entsteht das irisierende Farbenspiel. Perlmuttknöpfe sind in ihrer natürlichen Färbung licht- und farbecht, mit Oberflächenfärbung weniger. Wird der Knopf beim Waschen wie Wolle behandelt, behält er seinen frischen Glanz. Berührungen mit einem heissen Bügeleisen hält er aus, er ist nahezu unverwüstlich und kann Jahrhunderte überstehen. Der Perlmuttknopf ist aber nicht sehr elastisch, sondern eher spröde. Deshalb splittert oder bricht er bei schlagartigen Belastungen.collage-perlmutt-1Muscheln oder Schnecken Perlmuttknöpfe findet man schon Mitte des 17. Jahrhunderts in Frankreich. Die Grundstoffe für die Produktion liefern Perlmuttschalen, die zwei Hälften der Perlmuschel, oder Schneckengehäuse. Man unterscheidet bei der Verarbeitung zwischen Schnecken, Meer- und Süsswassermuscheln.img_7472Die am häufigsten verwendete Perlmuschelart ist die Macassar-Muschel, auch «Mother of Pearl» genannt. Man findet sie in den tropischen Meeren bei Australien, den Philippinen und den Südseeinseln.
Die Abalone-Muschel, Haliotis, ist eigentlich keine Muschel, sondern eine Meeresschnecke. Die Gattung ist mit über hundert Arten weltweit verbreitet, besonders im Indopazifik, bei Westafrika und auch im Mittelmeer.
Die Trocas-Schnecke stammt aus dem Pazifischen und Indischen Ozean.

Die Perlmuschel besteht aus einer flachen Unterschale und einer gewölbten Oberschale. Die Meerschneckengehäuse sind kegelförmig, in Spiralen windet sich der Gang bis zur Spitze.img_7473Die Aussenschale der Perlmuttschalen und Meerschneckengehäuse ist kalkig grau, die Innenseite variiert im Farbton je nach Art von silbrig-weiss bis glänzend schwarz. Für die Knopfherstellung eignen sich Gehäuse zwischen drei bis zehn Zentimeter Höhe am besten. Die zu 90 Prozent aus phosphorsaurem Kalk bestehenden Schalen und Gehäuse können durch ein natürliches Färbeverfahren jeden gewünschten Ton annehmen, ohne dabei ihren seidigen Glanz zu verlieren. Perlmutt lässt sich bohren, sägen, drehen, fräsen, schleifen, schruppen, polieren und färben.img_7443Perlen sind organische Produkte. Sie entwickeln sich in Muscheln. Sobald ein Sandkorn oder ein Parasit eingedrungen sind, lagert die Muschel rundherum Perlmutt an. Dies ist eine Metapher für gelingende Persönlichkeitsentwicklung. Indem man Negatives mit Schönem umschliesst, wird es positiv. Oder: Schönes entsteht aus Fremdem und Eigenem, wenn damit konstruktiv umgegangen wird.

Informationen zum Waldviertel: www.waldviertel.at

So roh war ja kein Volk, dass es nicht versucht hätte, mit Muscheln und Steinen und Schnitzen und Farben das Schöne nach dem Maße seines Könnens darzustellen.

Carmen Sylva, 1843 – 1916

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  1. M. Reimann

    Sehr schön beschrieben, da fahr ich mal hin!

    • Regula Zellweger

      Hallo Herr Reimann

      Das Waldviertel ist wirklich eine Reise wert. Irgendwie scheint hinter dem eisernen Vorhang an der Nordgrenze von Österreich die Zeit stehen stehengeblieben zu sein. Man kann durch weite Landschaften fahren, man findet altes Handwerk, Künstler haben sich in diese Region zurückgezogen. Felder mit blühendem Mohn sind typisch für das Waldviertel.

      Herzlich
      Regula

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