Die Geschichte von der Lupinenfrau wollte ich schon ewig erzählen, denn die Lupinen prägen das visuelle Erscheinungsbild meines Blogs “…alt werden kann ich später.” Wie so oft basieren meine inneren Bilder auf Bilderbüchern.
Da der nächste Beitrag von einem viktorianischen Gewächshaus handeln wird, will ich zuerst meine Geschichte erzählen, weshalb ich solche Jugendstil-Gewächshäuser so toll finde.
Da ist eben die Lupinenfrau, Miss Rumphius, schuld!
Einerseits hat die Lupinenfrau meine Affinität zu Lupinen geprägt. Anderseits erinnern Lupinen mich an meine Mutter, die diese Blumen liebte und sie in unserem Garten gepflanzt hatte.
Sie erinnerten sie an eine glückliche Zeit, als sie in den 30er-Jahren in Südengland in einem herrschaftlichen Haushalt gearbeitet hatte.
Und heute wachsen Lupinen wild vor unserem Chalet in Bellwald.
Nun aber zur Geschichte “Miss Rumphius”, die von der Amerikanerin Barbara Cooney, (1917 – 2000), im Jahr 1982 geschrieben und gemalt wurde.
1984 kam die deutsche Übersetzung mit dem Titel “Die Lupinenfrau” auf den Markt.
Die kleine Alice ist die Enkelin eines amerikanischen Einwanderers. Der Grossvater war Künstler, er schnitzte Gallionsfiguren und Indianer, die vor Rauchwarengeschäften aufgestellt wurden – und er malte auch Schiffe und exotische Orte.
Abends erzählte der Grossvater von seinen Reisen in ferne Länder und Alice sagte mit grosser Überzeugung: “Wenn ich gross bin, werde ich auch reisen und dann ein Haus am Meer haben.”
Der Grossvater meinte: “Das ist schön und gut, kleine Alice, aber da gibt es noch etwas, was Du tun musst. Du musst etwas tun, dass die Welt schöner wird.”
“In Ordnung”, meinte Alice.
Sie wurde Bibliothekarin, denn Bücher sind meist eine Reise in ferne Länder, weit drinnen und weit draussen.
Ich war selbst 13 Jahre Bibliothekarin, als die Kinder klein waren, und liebte diese Arbeit sehr.
Manchmal ging Fräulein Rumphius ins grosse Gewächshaus.
Hier konnte sie von Reisen träumen. Diesen Teil der Geschichte mag ich ganz besonders und deshalb mag ich die viktorianischen “Greenhouses”.
Von diesem Gewächshaus werde ich im nächsten Blogbeitrag erzählen.
Nun aber zurück zu Fräulein Rumphius.
Fräulein Rumphius reiste durch die Welt, lernte fremde Völker kennen und lieben, sie sah Kängurus hüpfen und Löwen spielen und kletterte auf hohe Berge.
Als Rückenschmerzen sie zu plagen begannen, war es Zeit zurückzukehren und ein kleines Haus am Meer zu bewohnen.
Über den Winter ging es Fräulein Rumphius nicht gut und sie wusste, dass es nun Zeit war. die dritte Aufgabe anzupacken: “Etwas tun, damit die Welt schöner wird.”
Im Frühsommer blühten die Blumen, die sie in ihrem Garten gesät hatte. Lupinen! Und im kommenden Frühling hatten sie sich versamt – überall ums Haus blühten Lupinen – wie bei meinem Chalet:-)
Nun wusste sie, wie sie die dritte Lebensaufgabe lösen wollte.
Sie bestellt drei Grosspackungen Lupinensamen und streute sie bei ihren Wanderungen an Strassenrändern und an Feldwegen, rund um die Schule – heute nennt man das “Guerilla Gardening”.
Fräulein Rumphius hatte die dritte, die schwierigste Aufgabe geschafft.
In den folgenden Jahren blühten und vermehrten sich die Lupinen und die Leute freuten sich über die Blumenpracht.
Kinder besuchten sie und lauschten ihren Erzählungen von ihren Reisen. Und als ihre Grossnichte meinte, sie wolle auch reisen und danach ein Haus am Meer bewohnen, sagte die Lupinenfrau: “Es gibt noch was, das Du tun musst.”
Diese Geschichte erzähle ich immer gern, wenn ich das Wort “Generativität” erklären will.
Der Begriff Generativität wurde von Erik H. Erikson als 7. Stufe seines Stufenmodells der psychosozialen Entwicklung geprägt und meint, die Liebe in die Zukunft zu tragen und sich um zukünftige Generationen zu kümmern, etwas Positives zu schaffen, das überdauert. Dazu gehört alles, was für zukünftige Generationen brauchbar sein könnte.
Lupinensamen waren übrigens bereits bei den Ägyptern ein Nahrungsmittel. Heute züchtet man Sorten, die nicht bitter schmecken. Man nennt die Lupine auch “Soja des Nordens”.
Die Zukunft soll man nicht voraussehen wollen,
sondern möglich machen.
Antoine de Saint-Exupéry
Geschichte in Englisch hören
Musik
Obwohl diese Geschichte aus Amerika kommt, ist sie für mich irgendwie englisch. Deshalb wähle ich einen Komponisten, den ich als englisch empfinde, der aber ursprünglich Ire war: John Field, ein Zeitgenosse Beethovens.
Rondo in A flat for Piano and String Orchestra – John Field
Klavierstücke (John Field soll das Nocturne erfunden haben)
Klavierkonzerte
ritanna
Wunderschön! Jeden Samstag als Schulermaitschi durfte ich 200gr Anken/Butter holen bei “Dölfis” Milcheinnehmerei, für unsere 10 köpfige Familie.
Die Rabatte zum Haus war voller Lupinen. Noch lang bevor diese blühten, faszinierten mich die Perlen in den Blättern. Die Tautropfen oder Regentropfen schillerten in allen Farben in der Morgen- oder Abendsonne.
Auch für mich sind die Lupinen ein Sinnbild der Freude und Farben.
Elisabeth
Herzige Geschichte ! Die Lupinen in Bellwald sind tatsachlich eine Besichtigung wert! Und john fields stuck hat mir gut gefallen! Danke!
Ursula
Ich liebe Lupinen und diese Geschichte! War gerade in Karlsruhe, da hat es wunderschöne Gewächshäuser im Botanischen Garten im Schlosspark! Und gab es nicht auch ein Lupinchen im Nord Süd Verlag?
Kathrina
Liebe Regula, wieder ein zauberhafter Beitrag zum hineinschlendern… Werde noch ausgiebig zurückkehren. Nur schnell dies: Die Lupiniensamen- sehen aus wie plattgedrückte Maiskörner- werden in Ägypten an Ständen oder von Strassenverkäufern verkauft und meistens auch auf der Strasse gegessen. Sie heissen Tirmis.
Schönen Sommer mit zauberhaften Stunden, denen du immer so liebevoll auf der Spur bist.
Herzlich Kathrina
a.b.
https://www.berliner-zeitung.de/panorama/neuseelands-lupinen-bluehen-die-blume–die-seltenen-voegeln-zum-verhaengnis-wird-31700428
Was der eine hübsch findet, ist des anderen Verhängnis. Man sollte – insbes. beim Einbringen von Samen in fremde Lebensräume – immer das gesamte Ökosystem im Blick haben, nicht nur das eigene Ästhetikempfinden: Ausgesäte Lupinen bereiten insbes. Watvögeln und einheimischen Pflanzen in Neuseeland große Probleme, weil sie kurz gesagt fragile Flusslandschaften dramatisch verändern und Lebensräume zerstören. Die bei Touristen als Fotomotiv beliebten Lupinen sind eine massiv invasive Art und werden von der Naturschutzbehörde DOC (Department of Conservation) gerodet im Rahmen der ‘Operation Weedbuster’ (Operation Unkrautvernichtung). Siehe Artikel vom 05.12.2018