Mit zunehmendem Alter faszinieren mich Gärten immer mehr.
Ich stimme dem persischen Sprichwort zu: “Man muss nicht erst sterben, um ins Paradies zu gelangen, solange man einen Garten hat.”
Und ich finde, man soll sein Paradies teilen. Dies tun auch begeisterte Gärtnerinnen im Kanton Thurgau. Sie beteiligen sich am Projekt “Bauerngarten-Route Thurgau” und öffnen ihre Gärten für Besucher.
Für mich ganz persönlich gilt: Das Schönste an der Gartenarbeit ist, dass man sie so lange hinausschieben kann, bis sie gar nicht mehr nötig ist. Deshalb freue ich mich immer so über den ersten Schnee.
Gartenarbeit ist für mich nicht immer lustvoll, das gebe ich gern zu.
Aber in ein Naherholungsgebiet eintreten zu können, wenn ich aus meinem Haus trete, das ist ein Geschenk, für das ich dankbar bin.
Zusammen mit einer gartenaffinen Freundin machte ich mich auf, Gärten im Thurgau zu entdecken. Mal ganz ehrlich – wer sieht den Kanton Thurgau als Feriendestination? Er ist völlig zu Unrecht ein Stiefkind des Schweizer Tourismus.
Nicht jede Städterin hat die Möglichkeit, einen Garten zu besitzen – und nicht jede Bäuerin findet die Zeit, einen Bauerngarten zu pflegen.
Es liegt auf der Hand, dass man Gärten öffnen, seine Gartenfreude teilen und sein Gartenwissen unkompliziert weitergeben sollte.
Gerade weil man als Gartenbesitzerin mit Zeit und Motivation zum Gärtnern irgendwie auch vom Glück gesegnet ist – und obwohl das Jäten oft auch mühsam ist – ist es schön, andere an diesem Glück teilnehmen zu lassen. Und am Jäten!
«Dem Bauerngarten und damit dem Schaffen – meist der Frauen – im Garten mehr Beachtung zu schenken und das Kulturgut Bauerngarten im Thurgau zu erhalten, ist unser Ziel», erklärt Monika Grünenfelder, Geschäftsführerin Bodenseegärten.
15 Gärten – Tendenz steigend – vereinen sich in der neuen Bauerngarten-Route Thurgau.
Der Begriff Bauerngarten ist dabei weit gefasst. Vom Klostergarten über den Barockgarten bis zum traditionellen Bauerngarten öffnen Gartenbesitzer ihre Garten-Paradiese für Interessierte.
Nicht viel Schriftliches ist aus vergangenen Zeit über Bauerngärten erhalten.
Karin Bonderer arbeitete bei unserem Besuch gerade an einem Scherenschnitt mit Gartenmotiven – auch eine Art der Gartenkulturerhaltung!
Gartenwissen wurde früher mit grosser Selbstverständlichkeit von Generation zu Generation weitergegeben. Wie ist es heute?
«Die Geschichte einer Region soll durch den Erhalt der Gärten und durch die Aufwertung durch mehr Beachtung und Wertschätzung nicht nur erhalten bleiben, sondern gefördert werden», meint Monika Grünenfelder.
Die Thurgauer Bauerngärten sind heute nicht mehr alle teil eines Bauernbetriebes. Bauernbetriebe verschwinden aus bekannten Gründen. Aber ist es nicht sinnvoll, trotzdem die Tradition von Bauerngärten zu erhalten, nicht nur als Art der Gartengestaltung, sondern als Teil eines Lebenskonzeptes?
Wenn man Bauerngarten so definiert, dass auf einem Stück Land bunte Sommerblumen zwischen Gemüse- und Kräuterbeeten wachsen und Obstbäume und Beerensträucher gedeihen, dann ist sogar mein ganz kleiner Garten ein Bonsai-Bauerngarten. Im Rosenbeet wachsen Kartoffeln – keine Ahnung, woher die kommen. Tomaten, Rhabarbern, Zucchetti, Kräuter, Obstbäume, eine Rebe und Beerensträucher tragen Früchte. Die strukturierenden Buchs-Beetumrandungen sind allerdings dem gemeinen Zünsler zu Opfer gefallen.
Für mich gehören in einen Bauerngarten auch Tiere.
Gänse sind gute Wachtiere.
Sie sorgen liebevoll für ihren Nachwuchs.
Karin Bonderers alte Hündin erinnert mich an meinen pensionierten Blindenhund Zubin.
Auch er war gern im Garten.
Meine Sofie ist eine typische Gartenkatze. Sie tigert sogar in schwindelnder Höhe herum.
Die Bauerngärten, die ich besucht habe, zeugen auch von einer Liebe zu alten Dingen.
Wie im Rosarium im Südtirol finden sich hier alte Geräte.
Die Patina alter Blumentöpfe ist wunderschön.
Schätze werden gesammelt.
Selbst Gartengeräte sind so arrangiert, dass man gern genau hinschaut.
Liebevoll werden Töpfe arrangiert.
Bauerngärtnerinnen sind oft Deko-Künstlerinnen.
Selbst Gartenhäuser werden mit Deko-Objekten bestückt.
Und auch die Fenster prägen den Charakter des Gartens mit.
Karin Bonderer bindet Sträusse, die in ihrer Einfachheit faszinieren.
Auch ich hole mir den Garten gern ins Haus.
So, nun aber los zu unseren Besuchen in Thurgauer Bauerngärten.
Unser erster Besuch gilt dem Bauerngarten von Bea und Ueli Ackermann.
Wir wurden sehr herzlich empfangen, unter Gartenfreunden geht man gleich zum Du über – und es ist, als würde man einander schon ewig kennen. Ich bin Fan dieses engagierten und herzlichen Paars.
Familie Ackermann führt einen Obstbaubetrieb in Neukirch-Egnach. Im kleinen Hofladen kann man Produkte wie selbstgebrannte Obst-Schnäpse kaufen.
Ihr Thurgauer Fachwerkhaus, erbaut 1760, ist umgeben von einem 800 Quadratmeter grossen, mit viel Engagement und Kreativität gepflegten Bauerngarten. Überall blühen Blumen: in Beeten, Rabatten und über hundert Blumentöpfen.
Bea Ackermann ist gelernte Floristin, ihr Talent und ihr Fachwissen lässt sich an vielen liebevollen Details erkennen.
Ueli Ackermann schafft aus Holz dekorative Objekte, beispielsweise Kugeln und Herzen.
Bea Ackermann ist zudem eine begeisterte Sammlerin, in ihrem Garten findet man Blumen aller Art.
Einzigartig ist das «Lusthäuschen» aus Blattwerk.
Im Garten von Bea und Ueli kann man wirklich im Grün baden.
Lieber aber nicht in der holzverkleideten Badewanne, in ihr wird Giesswasser gesammelt. Umso schöner ist aber der Teich.
Wo früher das Trampolin der drei Kinder stand, gibt es jetzt eine neue, kreisrunde «Bienenweide».
Der Garten ist voller grosser und kleiner Geheimnisse – am liebsten würde man hier Ferien machen.
Ein Besuch im Garten-Paradies von Bea und Ueli lohnt sich auch wegen der Hortensien-Kultur.
Die Schnitt-Hortensien Anlage darf man besichtigen.
Ich habe mir eine Hortensie namens Annabelle gekauft. Sie steht zurzeit vor meinem Velohüsli.
Nun auf, zum nächsten Garten!
Der verwunschene Garten von Karin Bonderer begeistert mich – und die Frau ist faszinierend. Sie hat das alte Bauernhaus in einem desolaten Zustand gekauft und selbst restauriert.
Und einen Garten angelegt, der ihrer Persönlichkeit entspricht.
Voller Neugier erforschen wir den Garten. Was man da alles entdecken kann:
Salate in Blumentöpfen…… Erdbeeren…
… altes Küchengerät, wobei das Tablett jetzt ein Vogelbad ist…
… bunte Giesskannen, bunte Schuhe und einen bunten Schirm…
… farbige Blumen…
… mehr Blumen…
… skurrile Dinge…
und Engel.
Dieser Blumentopf-Zaubergarten erzählt von Karins Familie.
Karin ist eine leidenschaftliche Sammlerin…
und eine begabte Scherenschnitt-Künstlerin.
Wir durften uns ihren Arbeitsplatz anschauen…
… und sie erklärte uns, wie sie bei ihrer Arbeit vorgeht.
Auf die weisse Rückseite zeichnet sie die Motive.
Oft hat sie Aufträge für Geburtstagsgeschenke: Biografien eines Jubilars in Scherenschnitt-Form.
Wir treten aus dem Haus wieder in den verwunschenen Garten.
Karin ist auch eine liebevolle Gastgeberin. Sie hat für uns eine Gemüsequiche mit “Salamiredli” zubereitet. Und zum Dessert gab es Mandelgebäck mit frischen Erdbeeren.
Irgendwie erinnert mich Karins Garten an die Bilderbücher von Sven Nordqvist, an Findus und Pettersson.
Am Projekt Bauerngarten-Route Thurgau sind auch die Kartause Ittingen und Arenenberg beteiligt. Auch rund um den Bodensee haben sich Gartenbesitzer mit ähnlichen Zielen zusammengetan.
Der Tag auf der Bauerngarten-Route Thurgau war wieder einmal ein Klunker in der Perlenkette meiner Lebenstage. Insbesondere der Kontakt mit herzlichen Menschen brachte diesen Tag zum Glitzern. Und ich trug eine Menge Ideen mit nach Hause – neben meiner Hortensie Annabelle.
Den Garten des Paradieses betritt man nicht mit den Füssen,
sondern mit dem Herzen.
Bernhard von Clairvaux, 1091 – 1153
Informationen
Unter www.Bauerngartenroute-Thurgau.ch kann eine Broschüre heruntergeladen werden. Informationen und Anmeldung für Gruppen-Reisen: Monika Grünenfelder, info@bodenseegaerten.eu, 079 430 45 17 oder 058 345 74 27.
Dank
Mein Dank geht an Monika Grünenfelder, die unseren Thurgauer “Gartentripp” organisiert hat, an Bea und Ueli Ackermann sowie an Karin Bonderer und weitere Gartenbesitzerinnen.
Musik
Karin Bonderer ist auch Musikerin. In einem Interview erklärte sie:
Welches ist deine Lieblingsmusik?
Ich weiss nicht, ob ich klassische Musik, wie Symphonien oder Opern sagen soll oder ob es generell Musik ist mit „Tiefgang“ und viel Ausdruck. Es kann ein Lied von Dieter Wiesmann sein, ein Stück aus Porgy and Bess, eine Melodie aus dem weiten Russland oder der Rigoletto von Verdi.
Ich halte mich also an ihre Favoriten.
Dieter Wiesmann
Es rägnet i mis Glas voll Wii
Wenn ich mal tod bi
Porgy an Bess
Porgy and Bess
Summertime
Russische Musik
Tchaikovsky : Ouverture 1812
Tchaikovsky: Hymn of the Cherubim
Abendglocken Kosaken-Chor
Dr. Schiwago
Rigoletto
La Donna e mobile
Quartett
Buchtipps
Diesen Blogbeitrag habe ich in Bellwald erarbeitet. Hier hat es einige Gartenbücher – meine Gäste und ich geniessen die Bücher.Hier ein paar Beispiele:
Skandinavische Gärten
Männer und ihre aussergewöhnlichen Gärten
Gartenexpertinnen und ihr grünes Wissen
ritanna
Jetzt fühle ich mich grad ein wenig überfordert vom Titel her; “Bauerngarten-Route Thurgau”. Das idyllische Fachwerkhaus und die aus dem Blumentopf hängende Erdbeere sind mir noch geblieben, haben mich beeindruckt.
Ansonsten kreist in meinem Kopf, ich war doch schon in unserer Region und auch schweizweit in Gärten, deren Menschen uns ihren Garten geöffnet haben.
Ich staune, sind dies nun Jahrtausende oder lediglich ein Jahrzehnt her?
Jedenfalls an Osterfingen erinnere ich mich noch (liegt das im Thurgau oder Schaffhausen) – und – ich finde es wunderbar, dass diese Kultur und “Gartenkunst” wieder aufgenommen wird. Meinen Schlossgarten aus dem 2001; aus 3’000 Buchspflanzen in Form von “Frankreichs Lilien” haben die Buchsbaumzünsler innert einer Ferienwoche 2012 abgefackelt. Auch lebende Kunst ist vergänglich.
Ich geniesse es, bei jedem Gartenhag über den Zaun zu spienzeln.
Mary
Dein Garten ist und bleibt der Schönste 🙂
Maja Tobler
Wir sind gerade mit den Kindern per Fahrräder unterwegs in dieser Region. Auch wenn alles braun ist von der Trockenheit die gärten bleiben eine Oase. Es lohnt sich noch einige Tage Ferien zu machen im Thurgau.
Wunderschöne Fotos und inspiration, Danke!!!
Dora Beck
Wunderschöne Gartenbilder, welche einem alles um einem herum vergessen lässt und in eine wunderbare Welt entgleiten lässt. Mit leichtem Herzen geht man nach dem Lesen und Betrachten wieder an die alltäglichen Arbeiten.
Herzlichen Dank.
Meggi
Die Gartenbilder sind für meine Augen wie Ferien. Zum malen schön!
Deine Bilder gäben auch ein Gartenbuch.
auf jedem Bild entdeckt man etwas besonderes. Vielen Dank für Deine Inspirationen.