Typisch Marseille

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Welche Begriffe fallen Euch ein, wenn Ihr an Marseille denkt? Alter Hafen? Bouillabaisse? Santons? Navettes? Mafia? Seife? Wonach duftet Marseille?

Bei meinem Besuch in Marseille war ich morgens auf der Ile d’If und den Rest des Tages habe ich diese Stadt mit allen Sinnen wahrgenommen.
Ich habe mich dafür interessiert, was Menschen typischerweise in Marseille tun. Sie sind unter vielem anderem Fischer, Bäckerinnen, Köche, produzieren Seife, arbeiten als Verkäuferinnen oder stellen Santons her.

Geprägt hat das Leben der Menschen die Tatsache, dass Marseille eine uralte Hafenstadt ist. Multikulti ist hier keine Errungenschaft des 20. Jahrhunderts. Menschen aus vielen Kulturen haben ihre Spuren hinterlassen.Die Stadt soll mit einer Liebesgeschichte entstanden sein: Als griechische Seefahrer die Mittelmeerküste erkundeten, landeten sie an der Küste des heutigen Marseille. An diesem Tag suchte der keltische König Nann einen Gatten für seine Tochter Gyptis.
Gyptis sollte unter allen versammelten jungen Männern demjenigen einen Kelch reichen, den sie zu heiraten wünschte. Sie wählte Protis, den Anführer der Neuankömmlinge. Die beiden heirateten und Griechen und Kelten gründeten gemeinsam die Siedlung Massalia.

Am Hafen sieht man auch heute noch Menschen, die den uralten Fischerberuf ausüben.

Typisch für Marseille, gleich beim alten Hafen, wo die Fischer ihr Ware fangfrisch verkaufen, prägt ein riesiges, spiegelndes, modernstes Dach den Platz. Um den Platz reihen sich Fischrestaurants.

Mit Elisabeth und John war ich im alten Zeughaus, Les Arcenaulx.

John bekam Artischocken. Wir durften sogar das Rezept fotografieren.

Elisabeth und ich waren zu Gast bei Christian Buffat im Restaurant “Le Miramar“. Hier soll man die beste Bouillabaisse in Marseille bekommen.

Schon die Vorspeise mit den Trüffelschnittchen war ein Gedicht.

Das Rezept findet Ihr am Ende des Blogs.

Nächste Station war die Navettes-Bäckerei. Die Navettes werden an Maria Lichtmess gesegnet. Sie schmecken eher trocken und langweilig 🙁

Unser nächster Besuch galt der Grande Savonnerie. Wir lernten viel über die traditionelle Marseiller Seife.

Schon im 8. Jahrhundert wurde in Italien eine seifenähnliche Substanz produziert. Es begann mit Holzasche und Ziegenfett. Im Laufe der Jahre wurde das Produkt Seife stetig weiterentwickelt.

Zu Beginn des 8. Jahrhunderts wurden die tierischen Fette durch Olivenöl ersetzt. Im Mittelalter begann man, Seife zum Waschen von Textilien zu verwenden.
Der erste urkundlich erwähnte Seifensieder in Marseille war im Jahr 1371 Crescas Davin. 1688 wurde das Edikt von Colbert erlassen, das die Herstellung der Marseiller Seife gesetzlich regelte. Jegliches tierische Öl wurde für die Produktion untersagt, Olivenöl wurde vorgeschrieben. Zusätzlich wurde festgesetzt, dass in den Monaten Juni, Juli und August nicht gearbeitet werden durfte.

Zu Beginn des 18. Jahrhunderts zählte man in Marseille 30 Seifenfabriken.

In den 70er und 80er Jahren des letzten Jahrhunderts bekamen natürliche und ökologische Werte mehr Gewicht. Seife aus Marseille war wieder in, denn dank ihrer biologischer Abbaubarkeit ist sie eine echte Alternative zu den herkömmlichen Wasch- und Putzmitteln der chemischen und Erdöl verarbeitenden Industrie.
Die Seife von Marseille ist ein regionales Kulturgut.

Elisabeth und ich durften unsere eigene Seife herstellen und eine Form einprägen. Ich wählte ein kleines Segelschiff – für meine Tochter, sie hat den Segelschein gemacht.

Wer sich intensiver mit Seifenproduktion auseinandersetzen will, besucht die Seifenfabrik und das Seifenmuseum von Marius Fabre. Hier wird auch die schwarze Seife hergestellt, die alles reinigt, im Haus vom Keller bis zum Dach. Im Garten kann man sie gegen Blatt- und Schildläuse einsetzen und sogar Tiere damit waschen 🙂

 

Über Santons habe ich bereits einmal berichtet. Diesmal durften wir im Atelier Arterra nicht nur den Malerinnen zuschauen, sondern auch miterleben, wie die Formen gegossen wurden.

Zuerst wurde in eine Form Ton gelegt. Die Deckplatte mit der Vertiefung für die andere Hälfte wird sorgfältig daraufgelegt. Das Ganze kommt unter eine Presse. Beim Pressen quetscht es den überflüssigen Ton unten heraus.

Nach dem Pressen werden die Formen sorgfältig getrennt, die Figur wird herausgenommen und in Form gebracht.Der junge Mann erzählt, dass das Erstellen der Formen der kreative Prozess sei, ansonsten geht es schon etwas Richtung Massenproduktion.

Nun wechseln wir von der Werkstatt zum Malatelier und Laden.
Unterwegs treffen wir eine Tigerkatze an. Marseille hat viele streunende Katzen – wie die meisten Hafenstädte.

Hier gibt es viel zu schauen. Die Santonsmalerin braucht beispielsweise für die Augen drei Farben.

An dieser Figur erkennt man, wie minuziös die Details gemalt sind. Die Figur ist etwa 12 cm hoch.

Hunderte Figuren machen eine Wahl schwierig.

Ich mag beispielsweise die stillende Mutter, die Gänsemagd und die Lehrerin mit ihren Schülern.

Aber am besten gefallen mir die “weissen Santons”.

Nun führte uns unsere Gastgeberin Susanne Zurn-Seiller zu ihren Lieblingsläden.

La Maison Empereur” ist eine Haushalt- und Eisenwarenhandlung, wie man sie bei uns früher kannte.Da hängt der Himmel voller Pfannen und Siebe! Hausfrauenherzen schlagen höher. Die Franzosen kochen nicht nur hervorragend, sie haben auch exzellente Qualität bei den Küchengeräten. Eine gusseiserne Casserole wünsche ich mir schon lange.

Als Putzabstinentin gehe ich da schnell vorbei.

Beim Geschirr könnte mein Portemonnaie zu locker sitzen.

Es duftet nach Bohnerwachs – eine Kindheitserinnerung. “Blocher” findet man heute kaum mehr. Als Kind hat mich meine Mutter jeweils samstags darauf auf dem Parkettboden herumgeschoben.

Was es nicht alles gibt. Immer wieder finden wir neue Räume und Abteilungen.

Grobes Leinen – so schön!

Nadeln, Faden…. ein Paradies für mich!

Auch architektonisch ist La Maison Empereur sehenswert. Schweren Herzens reissen wir uns los – nun steht noch eine Herboristerie auf dem Programm.

Auch das eine Nasenwelt.

Ich schnuppere die Tees, Kräuter und Gewürze.

Beim Schreiben dieses Blogbeitrages sind mir all die vielen verschiedenen Düfte bewusst geworden: von Trüffel über Fisch und Meer, von frischen Navettes über den Ton und den Farben der Santons, von Bohnerwachs über Seife bis zu Gewürzen und Kräutern.

Vielleicht nehmt Ihr Euch die Zeit und schaut die Bilder nochmals an und versucht, Euch die Düfte in die Nase zu zaubern.

Mit allen Sinnen eine Stadt entdecken macht Spass. Mir wird zudem bewusst, was ich alles angefasst habe! Leinen, Geschirr, Eisen, Lehm, getrocknete Kräuter, weiche Seife, eine Katze, Fische… und vor allem meinen Fotoapparat:-)

Neugier beflügelt unsere Wahrnehmung.

Ernst Ferstl

Musik
La Marseillaise
Aus dem Film Casablanca
Edith Piaf
Ouvertüre 1812 von Tschaikowsky, mit Marseillaise am Schluss

Dank
Mein Dank für diesen Tag in Marseille geht an Susanne Zurn-Seiller von Provence – Alpes -Côte d’Azur-Tourisme.

Und an Elisabeth, deren wunderschönes Haus in Sanary eine “kleine Heimat” für mich ist.

Rezepte

Bouillabaisse

(Rezept von Christian Buffat)

Ingrédients pour 8 personnes
– 4 vives (Petermännchen)
– 2 st pierre (Petersfisch)
– 4 gallinettes (Rotbarbe)
– 1 lotte (Seeteufel)
– 2 chapons (Hilfe, habe ich nicht herausgefunden – ist Fisch und nicht wie die Übersetzungen behaupten: Kapaun, Masthahn)
– 1 fielas (Aal)
– 2 kilos de petits poissons (kleine Fische)
– sel, poivre, oignons, ail, safran, huile d’olive, fenouil en branches et grains, persil, pommes de terre, tomates, et 2 verres de pastis. (Salz, Pfeffer, Zwiebeln, Knoblauch, Safran, Olivenöl, Fenchel in Ästen und Getreide, Petersilie, Kartoffeln, Tomaten und 2 Gläser Pastis.)

Préparation
Emincer les oignons, écraser l’ail et faire revenir le tout dans 3 cuillères à soupe d’huile d’olive.
Découper les 3 tomates en quartier.
Ajouter 1 cuillère à soupe de concentré de tomates, les morceaux de tomates, le fenouil sec et 2 doses de safran.
Ajouter les 2 kilos de petits poissons, mouiller à la hauteur avec de l’eau, rajouter 4 cm d’eau au niveau des poissons.
Saler, poivrer, et cuire pendant 20 minutes.
Mixer la soupe de poissons de roche, filtrer et la remettre à cuire 10 minutes.
1. Eplucher et trancher les rondelles de pommes de terre de 2 cm d’épaisseur, ajouter les dans la soupe de poissons.
2. Disposer tous les poissons suivant la grosseur (du plus gros au plus petit : galinettes, vives, st pierre, baudroie, congre, chapon, rascasse, daurade sebaste (facultatif : cigales de mer ou langouste), sur les pommes de terre dans le fond de la poissonnière.
3. Mouiller les poissons avec la soupe restante jusqu’à ce qu’ils soient bien recouverts. Rectifier l’assaisonnement. Ajouter le safran, démarrer à feu vif pendant les 5 premières minutes puis baisser le feu et cuire 30 mn.
4. Préparation de la rouille : monter la rouille avec 3 jaunes d’œuf comme pour un aïoli. Ajouter le sel, l’ail haché, l’huile d’olive en filet et le safran.
5. Découper des croûtons de pain de 1 cm d’épaisseur, frotter les d’ail et imbiber avec les 2 cuillères à soupe d’huile d’olive, enfourner à 220°. Poser une cuillère à soupe de rouille sur les croûtons. Server la soupe dans des petites soupières et les décorer de croûtons.
6. Server le poisson à part.
7. Secret du Chef : dans le bouillon avant de l’envoyer, verser 1 bonne dose de pastis et remuer au fouet.
8. Servir dans la soupière de présentation.
NB : Notre bouillabaisse est réalisée à partir d’eau Minérale.

Navettes

500 gr Mehl
200 gr Zucker
2 Eier
80 ml Olivenöl
1 Päckchen Vanillezucker
1 Bio-Zitrone (Schale)
3 El Eau de Fleur d’Oranger
1 Prise Salz
etwas Milch

Das Mehl mit dem Zucker, Vanillezucker und Salz in eine Schüssel geben. Eier mit Öl verquirlen. Zitronenschale darüber reiben. Alles zu einem glatten Teig verkneten. Er soll geschmeidig, aber fest sein. Eine Stunde in Folie im Kühlschrank ruhen lassen. Backofen auf 180 Grad vorheizen.
Lange Rollen formen und die Enden mit Daumen und Zeigefinger zusammendrücken. Navettes mit Milch bepinseln. Mit einem scharfen Messer einen Einschnitt auf der Oberseite machen. So entsteht die Form eines Schiffchens (Navette).
15-18 Minuten backen, bis sie goldgelb sind.

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Gourmet-Flussreise nach Strassburg

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  1. Ritanna

    Zuallererst klingt bei mir die Marseillaise an. (Nationalhymne, 1792 in Strassburg gedichtet und vertont; populär gemacht durch Truppen aus Marseille).
    Dann kommt mir St. Petersburg, Leningrad in den Sinn; Peter der Grosse, Zar, war in England, in Marseille, in Rom und noch weiter. Auslandreisen 1697/98 brachten Anregungen für seine spätere Reformtätigkeit. Er studierte alles was seine Sinne wahrnahmen. Er zeichnete und entwarf, 1703 Gründung er St. Petersburg, nach seinen Eindrücken der Weltstädte. Marseille war ihm architektonisch ein Vorbild für die Stadt; Schloss Versailles für Spiegelsaal und Schloss Park.
    Der Meeresduft gemischt mit dem Fischduft wird schon Peter der Grosse an die Ostsee erinnert haben. ob ihm wohl auch schon so eine reichhaltige
    LA BOUILLABAISSE serviert worden war? Und erst die Trüffelschnitten ?
    Seifen; die dürfte er damals sehr wohl mitgenommen haben, der Wirkung und der Düfte wegen. Die Seife von Marseille hat Peter der Grosse wohl ans Meeresgold der Ostsee erinnert ” Bernstein”.
    Kräuter! heute “lunchtime ” im “Hilti” in Zürich und ich bestellte einen Tee dazu, “Citronengras und Thymian” . Das Teeglas war vollgestopft mit Kräutern, der Duft und Geschmack rundete die selbst gewählten Häppchen so fein ab.
    Jetzt im Sommer animieren die Kräuter auf dem Küchenfenster, sie einfach zu ernten, mit heissem Wasser übergiessen, ziehen lassen und dann Schluck für Schluck geniessen – genau so wie man es mit einem auserlesenen Wein oder Cognac macht.
    Marseille animiert um hin zu reisen, oder selbst daheim aktiv zu werden.

  2. Elisabeth

    Dein vielfältiger Bericht vermittelt den Eindruck, dass du mindestens zwei Wochen in Marseille geblieben bist. Es gibt mir wieder Lust dorthin zu fahren… und wieder beim “empereur” zu “lädele” !

  3. Anne

    Liebe Regula,

    was für ein willkommener kleiner Ausflug nach Südfrankreich. Danke fürs Mitnehmen 😉
    Und ich muss dich wahrscheinlich jetzt doch vorm Ammersee warnen – altes Leinen, Kurzwaren und Porzellan – das ist das Reich meines Mannes… ich habe da inzwischen Mitnahmeverbot. Muss wieder etwas rausrücken, damit wir daheim noch Platz für uns und die Katzen haben.

    Liebe Grüße
    Anne

  4. Rita

    Spannender Bericht!

  5. Zinet

    Liebe Regula es ist imer spanend zu lesen was du schreibst. Da finde ich mi holz asche seife zu machen. Ich habe im krig zeit auch mit holz asche gewaschen wo ich keine wasch pulwer hate war holz asche alternatiwe. Vilen dank.

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